Saturday, December 28, 2013

Das war...


* ... 2013?

- Ich glaube nicht, dass das hier ein Jahresrückblick 
wird. Jedenfalls nicht, wenn ich es vermeiden kann. 
Und wenn mich niemand dazu zwingt.

* Wer sollte Dich zu einem Jahresrückblick 
zwingen wollen? Ein vorlautes Lama etwa?

- Ein Leben ohne Lama ist möglich, aber sinnlos.

* Wer hat's gesagt?

- Die Rolle des Lamas in unserer Gesell-
schaft wird grundsätzlich überschätzt.

* Darf ich Dir einmal die Grundsätze 
einer Kommunikation erläutern?

- Nicht, wenn ich es vermeiden kann. 
Wir sprechen uns 2014.

* Ja, genau...

Tuesday, December 24, 2013

Epilog…


"Ey, was ist denn nun los?" fragt das Lama. "Zwei BlockBlog-Einträge an einem Tag?"

"Epilog", sage ich gelangweilt.

"Und wieder geklaut beim Marc-Uwe?"

Ich nicke. "Weil es so gut passt."

"Hast Du eigentlich keine Angst vor irgendwelchen anwaltlichen Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzungen?"

Ich zucke die Schultern. "Du sagst doch immer, ich hätte keine Leser. Also, wer soll es denn mitbekommen?"

"Ja, genau!" sagt das Lama.

"Aber wir brauchen noch einen dritten, sonst klappt das mit der Geschichte nicht. Also von der Geschichte her."

"Einen Jungen?" fragt das Lama.

"Einen Jungen?" gegenfrage ich.

"Ja, denn wenn wir zwei Mädchen wären oder zwei rosa Monster und dann noch ein zotteliger Junge dazukäme, dann könnten wir das alte Lied ' Mah Nà Mah Nà' singen."

Ich schaue das Lama missbilligend an.

"Wie wäre es mit meinem irischen Vetter Labhrás ó Sagart Sliabh?"

"Gesundheit!" sagt das Lama und: "Von mir aus, wenn es dann passt."

* * * * *

"Diese Nase ist furchtbar", beschwert sich das Lama. "Ich weigere mich, sie aufzusetzen!"

"Vielleicht wird es Dich lehren, keine dummen Wetten mehr einzugehen", sage ich, während wir durch den Schnee stapfen. "Außerdem wäre es noch viel bescheuerter, wenn ich das Rentier spielen würde."

Das Lama flucht leise und bindet sich die rote Nase um.

"Das ist entwürdigend!" sagt es. "Und das Blinken irritiert mich total."

"Aber es ist doch bald Weihnachten", sage ich. "Da muss man doch den Leuten helfen."

"Pah!" sagt das Lama. "Jesus hat auch nie jemandem geholfen!"

"Ah, ja?" frage ich. "Und was ist mit dem einen Mal, wo er seinen Mantel geteilt und die eine Hälfte diesem Bettler gegeben hat?"

"Ja, das", sagt das Lama, "aber sonst…"

"Und was ist mit dem einen Mal, wo er dieses Mädchen in dem Schloss aus seinem hundertjährigen Schlaf wachgeküsst hat?" frage ich. "Und was ist mit dem anderen Mal, als er diese Arche gebaut hat?"

"Ja, das", sagt das Lama, "aber wann hat Jesus außer mit dem Mantel und der Arche und dem Wachküssen jemals jemandem geholfen?"

"Na da, wo er den Menschen das Feuer gebracht hat", rufe ich, "und dafür von den Taliban an den Hindukusch gekettet wurde. Was ist damit?"

"Ja, das", sagt das Lama.

"Oder als er in dem Raumschiff mit 'ner Atombombe zu dem Asteroiden, der auf die Erde zurast, geflogen ist und sich dann für uns geopfert hat. Was ist damit?" frage ich. "Oder nee, das war jemand anderes. Der Typ mit Glatze."

"Gandhi", sagt das Lama.

"Genau!"

Inzwischen sind wir angekommen. Ich werfe den roten Bademantel über, setze die rote Zipfelmütze auf, zupfe meinen Wattebart zurecht und klopfe an der Wohnungstür.

Ein kleines Mädchen öffnet. Hinter ihr steht mein irischer Vetter Labhrás ó Sagart Sliabh und zwinkert uns zu.

"Gesundheit!" sagt das Lama.

"Darf ich auf Deinem Rentierrücken reiten?" fragt das Mädchen das Lama.

Das Lama seufzt.

"Und singst Du 'Rudolph, the Red Nosed Reindeer'?"

"Warum tue ich das noch mal?" fragt das Lama.

"Weil Du nach dem siebten Glühwein behauptet hast, dass die Heiligen Drei Könige Weihrauch, Myrrhe und Benzingutscheine gebracht hätten und Labhrás hier gesagt hat: 'Wetten, dass nicht?'" sage ich.

"Ah ja, richtig", sagt das Lama. "Voll der gute Grund."

* * * * *

TRÖÖÖT TRÖÖÖT TRÖÖÖT
TRÖÖÖT TRÖÖÖT TRÖÖÖT

"Was doch eine stille Nacht!" brülle ich über den Plagiatsalarm hinweg.

"Ja, genau!" ruft das Lama.

Und wir beide drücken uns die neuen Schallschutzkopfhörer fester auf die Ohren.

Eine Weihnachtsgeschichte – Kapitel Vierundzwanzig…


"Kommt jetzt das Ende?" fragt das Lama.

"Vielleicht", sage ich.

"Streiten wir uns jetzt wieder darum, wie solche Geschichten enden sollten?" fragt das Lama.

"Wir werden sehen. Wir werden sehen", sage ich und schlage noch einmal das Märchenbuch auf.

"Sieben Tage später, als das Lama mit dem König und allen Hofleuten sich zur Tafel gesetzt hatte und von seinem goldenen Tellerlein aß, da kam, plitsch platsch, etwas die Marmortreppe heraufgekrochen, und als es oben angelangt war, klopfte es an die Tür und rief: …"

"IHHHHHH! Der Ringgeist!" kreischt das Lama. "Und sieben Tage später! Ihr werdet alle sterben!"

"Wie oft eigentlich noch?" frage ich. "Das hier ist nicht so eine Art Geschichte! Und das mit den sieben Tagen später war erzählerische Freiheit. Eigentlich passiert das hier schon am andern Tage. Also noch mal:

… und rief:

'Lama, jüngstes, mach mir auf.'

Es lief und wollte sehen, wer draußen wäre, als es aber aufmachte, so saß der Bromford davor. Da warf es die Tür hastig zu, setzte sich wieder an den Tisch, und es war ihm ganz angst.

Der König sah wohl, dass ihm das Herz gewaltig klopfte, und sprach:

'Mein Lama, was fürchtest Du Dich, steht etwa ein Riese vor der Tür und will Dich holen?'

'Ach nein', antwortete es, 'es ist kein Riese, sondern ein garstiger Bromford.'"

"Ratz-fatz, Rübe ab?" fragt das Lama vorsichtig und mit wenig Hoffnung in der Stimme.

Ich schüttele den Kopf.

"'Was will der Bromford von Dir?'

'Ach, lieber Vater, als ich gestern – oder vor sieben Tagen – oder wann auch immer – im Wald bei dem Brunnen saß und spielte, da fiel mein goldenes Jo-Jo ins Wasser. Und weil ich so weinte, hat es der Bromford wieder heraufgeholt, und weil er es durchaus verlangte, so versprach ich ihm, er solle mein Geselle werden; ich dachte aber nimmermehr, dass er aus seinem Wasser herauskönnte. Nun ist er draußen und will zu mir herein.'

Indem klopfte es zum zweitenmal und rief:

'Lama, jüngstes,
Mach mir auf
Weißt Du nicht, was gestern – oder vor sieben Tagen
oder wann auch immer
Du zu mir gesagt
Bei dem kühlen Brunnenwasser?
Lama, jüngstes,
Mach mir auf.'

Da sagte der König:

'Was Du versprochen hast, das musst Du auch halten; geh nur und mach ihm auf.'"

"Püh!" macht das Lama nur.

"Das Lama ging und öffnete die Türe, da hüpfte der Bromford herein, ihm immer auf dem Fuße nach, bis zu seinem Stuhl. Da saß er und rief:

'Heb mich herauf zu Dir.'

Es zauderte, bis es endlich der König befahl. Als der Bromford erst auf dem Stuhl war, wollte er auf den Tisch, und als er da saß, sprach er:

'Nun schieb mir Dein goldenes Tellerlein näher, damit wir zusammen essen.'

Das tat es zwar, aber man sah wohl, dass es 's nicht gerne tat. Der Bromford ließ sich 's gut schmecken, aber dem Lama blieb fast jedes Bisslein im Halse. Endlich sprach er:

'Ich habe mich sattgegessen und bin müde; nun trag mich in Dein Kämmerlein und mach Dein seiden Bettlein zurecht, da wollen wir uns schlafenlegen.'"

"Aha!" braust das Lama auf. "So eine Art Geschichte ist das also. Dann ist es noch schlimmer als ich dachte!"

"Pssst!" mache ich mal wieder und lese weiter.

"Das Lama fing an zu weinen und fürchtete sich vor dem kalten Bromford, den es nicht anzurühren getraute, und der nun in seinem reinen Bettlein schlafen sollte. Der König aber ward zornig und sprach:

'Wer Dir geholfen hat, als Du in der Not warst, den sollst Du hernach nicht verachten.'"

"Kuppelei und Zwangsverheiratung!" schreit das Lama auf dem Sofa. "Wo kommen wir denn da hin?"

"Lama!" sage ich bestimmt. "Halt die Klappe!"

"Da packte das Lama den Bromford mit zwei Fingern, trug ihn hinauf und setzte ihn in eine Ecke. Als es aber im Bett lag, kam er gekrochen und sprach:

'Ich bin müde, ich will schlafen so gut wie Du: heb mich herauf oder ich sag 's Deinem Vater.'

Da wird es erst bitterböse, holte ihn herauf und warf ihn aus allen Kräften an die Wand.

'Nun wirst Du Ruhe haben, Du garstiger Bromford.'"

"Ende und aus!" verkündet das Lama. "Und wenn der Bromford nicht gestorben ist, also in genau dem Augenblick des Aufpralls, dann doch nur wenig später an seinen schweren inneren Verletzungen. Und jetzt schmeiß' das Buch weg! Verbrenne es oder was auch immer!"

"Noch ist das Märchen nicht aus", sage ich mit einem fiesen Grinsen. "Oder wie es an derer Stelle heißt: Solang die dicke Frau noch singt, ist die Oper nicht zuende. Bereit für ein Happyend, Lamatier?"

Das Lama stöhnt und verdreht die Augen in Richtung Zimmerdecke.

"Als der Bromford aber herabfiel, war es kein Lama mehr, das da in seinem Bettlein lag, sondern eine Königstochter mit schönen und freundlichen Augen, langen, blonden Haaren und so richtig dicken D…"

"IHHHHHH!" Langsam geht das Tier mir auf die Nerven mit diesem Geräusch.

"Und sie fielen sich in die Arme und versanken in einem langen, leidenschaftlichen Kuss der Liebe."

"Du hast es schon wieder getan!" Das Tier ist außer sich. "Ein Lama, das sich in einen Menschen verwandelt! Das ist kein Happyend! Das kann kein Happyend sein!"

"Aber die Geschichte ist immer noch nicht zuende", sage ich ungerührt.

"Und dann folgten sie einem Stern und flogen mit ihrem fliegenden Teppich gen Bethlehem, um in einem Stall, in einer Krippe, in einem Bett aus Stroh, umgeben von der Heiligen Dreifaltigkeit – Maria, Joseph und Dörte – das Christkind zu schauen."

"Wer ist Dörte?" schreit das Tier.

"Keine Ahnung", sage ich. "Die hast Du ins Spiel gebracht."

"Und Du hast mir versprochen, dass das hier nicht so ein christliches Ding wird, Alter!" schmollt das Tier.

"Ach, komm her! Und lass Dich drücken!"

Ich stehe auf und presse das Lama mit beiden Armen an mich. Das Tier stöhnt genervt.

"Selbst Du kannst Dich doch dem Zauber der Weihnacht nicht entziehen. Dieser Teil der Welt ist nun mal geprägt vom Christentum. Und egal, ob Du es nun Weihnachten nennst oder Jahresend-Fest, heute ist der Tag der Tage. Heute leuchten die Kinderaugen und die Liebe in den Herzen der Menschen und aller Geschöpfe."

"Wenn Du meinst", knurrt das Tier.

"Und wie sagte schon der große Barde DJ Bobo?" fahre ich fort. "Wir wollen, dass die christlich-abendländische Kultur die Leitkultur bleibt, und nicht aufgeht in einem Mischmasch."

"Wer hat 's gesagt?" fragt das Lama. "Pass nur auf, dass nicht gleich wieder dieser TRÖÖÖT TRÖÖÖT TRÖÖÖT-Alarm losgeht."

Ich plappere ungehemmt weiter: "Am Ende ist alles gut. Und wenn es nicht gut ist, dann ist es auch nicht das Ende…"

"Solange es keine unendliche Geschichte wird! Dann haben wir 's ja!" ätzt das Tier.

"Frohe Weihnachten!"

Monday, December 23, 2013

Eine Weihnachtsgeschichte – Kapitel Dreiundzwanzig…


"Alter, mach das ja nie wieder mit mir!" sagt das Lama am nächsten Abend.

"Was habe ich denn gemacht?" frage ich mit Unschuldsmiene. "Das mit der Ohrfeige war DER SPOILER. Schließlich warst Du gerade dabei, allen meinen Lesern und der Weltöffentlichkeit das Ende eines der Ring-Filme zu verraten."

"Wie oft muss ich Dich noch erinnern", knurrt das Tier, "dass Du keine Leser hast und der Weltöffentlichkeit Dein BlockBlog genau wie Du am A... Abendbrottisch vorbeigeht? Und jetzt mach weiter mit dem Märchen. Ich will sehen, ob da diesmal was Gutes bei raus kommt."

"'Sei still… bla… bla… bla…", überfliege ich den Text im Märchenbuch, um die richtige Stelle wiederzufinden, "bla… bla… Rat schaffen… was gibst Du mir, wenn ich Dein Spielwerk wieder heraufhole?'

'Was Du haben willst, lieber Bromford', sagte das Lama, 'meine Kleider, meine Perlen und Edelsteine, auch noch die goldene Krone, die ich trage.'

Der Bromford antwortete: 'Deine Kleider, Deine Perlen und Edelsteine und Deine goldene Krone, die mag ich nicht: aber wenn Du mich liebhaben willst und ich soll Dein Geselle und Spielkamerad sein, an Deinem Tischlein neben Dir sitzen, von Deinem goldenen Tellerlein essen, aus Deinem Becherlein trinken, in Deinem Bettlein schlafen: wenn Du mir das versprichst, so will ich hinuntersteigen und Dir das goldene Jo-Jo wieder heraufholen.'"

"Sonst noch was?" spottet das Lama. "Bei dem piept 's wohl! Diesem Bromford würde ich aber eins husten als Lama. Runter in den Brunnen! Sonst ratz-fatz, Rübe ab!"

"'Ach ja', sagte das Lama, 'ich verspreche Dir alles, was Du willst, wenn Du mir nur das Jo-Jo wieder bringst.'"

"Schön blöd!" Das Lama schüttelt den Kopf.

"Das Lama dachte aber: Was der einfältige Bromford schwätzt, der sitzt im Wasser bei seinesgleichen und quakt und kann keines Lamas Geselle sein."

"Ebend! Sage ich doch", meint das Lama selbstgefällig und fläzt sich tiefer in die Sofaecke.

Ich lese weiter:

"Der Bromford, als er die Zusage erhalten hatte, tauchte seinen Kopf unter, sank hinab, und über ein Weilchen kam er wieder heraufgerudert, hatte das Jo-Jo im Maul und warf es ins Gras. Das Lama war voll Freude, als es sein schönes Spielwerk wieder erblickte, hob es auf und sprang damit fort.

'Warte, warte', rief der Bromford, 'nimm mich mit, ich kann nicht so laufen wie Du.'

Aber was half es ihm, dass er ihm sein quak quak so laut nachschrie, als er konnte! Es hörte nicht darauf, eilte nach Haus und hatte bald den armen Bromford vergessen, der wieder in seinen Brunnen hinabsteigen musste."

"Hey Ho! Lama, go!" schreit das Lama und hüpft so wild auf dem Sofa auf und ab, dass die Sprungfedern quietschen. "Das ist mal eine Geschichte nach meinem Geschmack. Das Lama hat, was es wollte. Ende und aus! Vielleicht noch sowas in der Art wie:

Und dann ließ das wunderschöne Lama den Brunnen mit einer schweren Betonplatte zumauern und eine Holzhütte darüber bauen; und es war ihm auch schnurzpiep-egal, dass Jahrhunderte später in dieser Holzhütte ein verfluchtes Video auftauchte und ein gruseliger Bromford-Geist mit klebrigen, strähnigen Haaren aus dem Fernseher krabbelte und nach sieben Tagen irgendwelche Leute umbrachte."

"Das wird sicher nicht passieren!" sage ich und klappe das Märchenbuch zu.

"Ich hatte es befürchtet", knurrt das Tier. "Und was wird bitte passieren?"

"Schalten Sie auch morgen wieder ihren PC oder ihr Smartphone ein", verkünde ich mit meiner besten Werbespot-Stimme, "und erleben Sie das furiose Finale der Weihnachtsgeschichte in Bromford Bibbles BlockBlog über gar nichts!"

Sunday, December 22, 2013

Eine Weihnachtsgeschichte – Kapitel Zweiundzwanzig…


"Lama?" frage ich. "Wolltest Du mir wirklich ein selbstgemachtes Jo-Jo zu Weihnachten schenken? Ich meine nur, weil das eine ziemliche Enttäuschung für mich gewesen wäre, weil ich mir nie viel aus Jo-Jos gemacht habe und auch gar nicht genau weiß, wie man damit umgehen muss."

"Alter!" sagt das Tier. "Komm' mal klar. Das war doch das kommunistische Känguru, das den Marc-Uwe mit einem selbstgeschnitzten Jo-Jo milde stimmen wollte, weil es das Jo-Jo des Kleinkünstlers kaputtgemacht hat."

"Ja, richtig." Ich klatsche mir im Moment der Erkenntnis vor die Stirn.

"Und wie sollte ich damit wohl irgendwelche Schnitzarbeiten ausführen?" fragt es und hält mir seine Schwielensohlen mit den Klauen dran entgegen.

"Ist Dir schon mal aufgefallen, dass der auch MarK-Uwe Kling heißen könnte?" fragt es dann weiter.

"Mark mit 'K' statt Marc mit 'C'?" frage ich. "Wie in KnochenMARK?"

"Oder wie in D-MARK, dem ehemaligen Zahlungsmittel in der Federal Republic of Germany", sagt das Lama. "Obwohl er ja dann nach der Euro-Einführung offiziell 50-Cent-Uwe Kling heißen müsste."

"Wirklich?" frage ich und meine damit: 'Musste dieser blöde Kalauer jetzt sein?'

Das Lama nickt.

"Märchen?" frage ich.

Wieder nickt das Lama.

"In den alten Zeiten, wo das Wünschen noch geholfen hat, lebte ein König, dessen Lamas waren alle schön; aber das jüngste war so schön, dass die Sonne selber, die doch so vieles gesehen hat, sich verwunderte, sooft sie ihm ins Gesicht schien.

Nahe bei dem Schlosse des Königs lag ein großer, dunkler Wald, und in dem Walde unter einer alten Linde war ein Brunnen."

"Schon wieder ein Brunnen?" fragt das Lama. "Alter, in Deinen Geschichten wimmelt es ja nur so von Brunnen. Ich hoffe, dieser spricht nicht wieder!"

"Jetzt wart es doch erst mal ab! Kann ich weitermachen?" frage ich.

Das Lama nickt.

"Wenn nun der Tag recht heiß war, so ging das Lama hinaus in den Wald und setze sich an den Rand des kühlen Brunnens: und wenn es Langeweile hatte, so nahm es ein goldenes Jo-Jo, warf es in die Höhe und fing es wieder; und das war sein liebstes Spielwerk."

"Wirklich?" fragt das Lama und meint damit: 'Musstest Du jetzt mit aller Gewalt und auf Biegen und Brechen noch mal ein Jo-Jo in die Geschichten und den BlockBlog einbauen?'

"Nun trug es sich einmal zu, dass das goldene Jo-Jo des Lamas nicht in seine Klauen fiel, die es in die Höhe gehalten hatte, sondern vorbei auf die Erde schlug und geradezu ins Wasser hineinrollte. Das Lama folgte ihm mit den Augen nach, aber das Jo-Jo verschwand, und der Brunnen war tief, so tief, dass man keinen Grund sah.

Da fing es an zu weinen und weinte immer lauter und konnte sich gar nicht trösten. Und wie es so klagte, rief ihr jemand zu:

'Was hast Du vor, Lama? Du schreist ja, dass sich ein Stein erbarmen möchte.'

Es sah sich um, woher die Stimme käme, da erblickte sie einen Bromford, der seinen dicken, hässlichen Kopf aus dem Wasser streckte.

'Ach, Du bist 's, alter Wasserpatscher", sagte es, "ich weine über mein goldenes Jo-Jo, das mir in den Brunnen hinabgefallen ist.'

'Sei still und weine nicht', antwortete der Bromford, 'ich kann wohl Rat schaffen, aber was gibst Du mir, wenn ich Dein Spielwerk wieder heraufhole?'"

"Alter?" fragt das Lama und sieht etwas erschrocken aus.

Ich hebe die Augenbrauen und sehe das Tier an.

"Ja, Lama?"

"Kennst Du diese japanische Ring-Trilogie?" fragt das Tier leise. "Also, ich meine jetzt nicht den Ring der Nibelungen von Richard Wagner oder den Ring von Tolkien."

"Irgendwie klingelt da was bei mir – Ring! Ring!" meine ich. "Meinst Du diese Horror-Romane von dem Japaner und die diversen Verfilmungen davon? Worauf willst Du hinaus?"

Das Lama zittert.

"Gibt es da nicht auch einen Brunnen in der Geschichte?" fragt das Lama. "Und darin liegt die Leiche von diesem Mädchen mit den langen, schwarzen Haaren, die als gruseliger Geist allen erscheint, die ein gewisses Video angeschaut haben? Und nachdem sie das Video angeschaut haben, klingelt das Telefon? Und eine unheimliche Stimme sagt ihnen, dass sie in sieben Tagen sterben müssen?"

Panisch schaut das Lama um sich, als erwarte es, dass jeden Augenblick der Fernseher und der DVD-Player anspringen oder das Telefon läutet.

"IHHHHHH!" kreischt das Lama panisch. "Ist dieser Bromford im Brunnen auch so ein Gruselgeist? Kommt der da jetzt raus und macht ruckartige Bewegungen und das lange, schwarze Haar klebt ihm im Gesicht und man sieht nur die irren, mörderischen Augen? So eine Geschichte will ich nicht hören! Nein! Nein! Nein!"

"Nein", sage ich im beruhigenden Ton, "so eine Geschichte ist das hier nicht. Aber ich an Deiner Stelle würde mir viel mehr Sorgen um DEN SPOILER machen."

"Um DEN SPOILER?" keucht das Tier. "Wer ist denn DER SPOILER?"

"Das ist nur der dunkle Rächer, der durch die Nacht zieht und allen eine Ohrfeige gibt, die anderen das Ende einer Fernsehserie oder eines Films verraten wollen oder es schon getan haben, obwohl die anderen es noch nicht gesehen haben, und so den anderen damit den ganzen Spaß verderben", sage ich und kann mir ein süffisantes Grinsen nicht verkneifen.

"DER SPOILER!" quietscht das Lama und fährt vom Sofa hoch.

Und im Dunklen sehe ich eine schnelle Bewegung.

PATSCH !!!



Saturday, December 21, 2013

Eine Weihnachtsgeschichte – Kapitel Einundzwanzig…


"Hast Du heute schon in Deinen Adventskalender gekuckt?" fragt das Lama.

"Was 'n' für 'n Adventskalender?" frage ich.

"Ich hab' Dir doch einen Adventskalender gebastelt."

"Echt?" frage ich überrascht.

"Bin nicht ganz pünktlich fertig geworden. Aber es kommt von Herzen", sagt das Lama und führt mich in die Küche.

An der Pinnwand hängen mit Filzstift nummerierte Frischhaltetüten. Ich greife mir die heutige. Darin liegt ein Zettel. Auf dem Zettel steht:

'Du darfst heute das Bad putzen.'

Das Lama lächelt freundlich.

"Du schenkst mir drei Tage vor Weihnachten einen Frischhaltetüten-Adventskalender voll mit blöden Aufgaben?" frage ich.

"Think positiv!" sagt das Lama. "Dadurch sind es nur vier Tüten. Außerdem stehen keineswegs nur blöde Aufgaben auf den Zetteln."

Ich greife mir die morgige Tüte.

"Ey, das darfst Du nicht!" ruft das Lama.

Ich reiße die Tüte auf. Auf dem Zettel steht:

'Niete.'

Ich greife nach der nächsten Tüte. Das Lama versucht, mich aufzuhalten. Ich reiße ihm die Tüte aus dem Maul. Auf dem Zettel steht:

'Du darfst heute gefüllte Eierkuchen machen. P.S.: Vergiss nicht, ein Geschenk für das Lama zu kaufen!'

Das Lama hat sich die mit '24' beschriftete Tüte geschnappt und versucht, ins Wohnzimmer zu flüchten. Ich werfe mich ihm in den Weg.

"Nein, die darfst Du noch nicht haben!" ruft das Lama.

"Gib sie her", rufe ich. "Was steht da für eine Frechheit drauf?"

"Keine Frechheit… Aua!... Du hast da was falsch verstanden… Aua!... Es heißt 'Fest der Liebe' nicht 'Fest der Hiebe'."

Die Tüte fällt auf den Boden.

"Bis einer heult", sagt das Lama.

Ich lasse das Lama los und öffne die Tüte. Darin liegt ein offenbar selbstgeschnitztes, jetzt zerbrochenes Jo-Jo und ein Kärtchen. Auf dem Kärtchen steht:

'Für meinen besten Freund. Alles Gute zu Weihnachten. Dein Lama.'

Meine Augen werden feucht.

"Ich sag' ja: Bis einer heult", sagt das Lama.

"Ich putz dann mal das Bad", sage ich seufzend. "Und danach mache ich Eierkuchen."

"Vergiss das mit dem Geschenk nicht!" sagt das Lama.

- - -

"Warum steht da oben alles in roter Schrift?" fragt das Lama.

"Du erinnerst Dich an diesen Karl-Theodor-Maria-Nikolaus-Johann-Jacob-Philipp-Franz-Joseph-Sylvester-Freiherr-von-und-zu-Guttenberg-Gedächtnis-Plagiatsalarm?" frage ich.

"Hast wieder beim Marc-Uwe abgekupfert, wah?" fragt das Lama.

"Adventskalender", nicke ich, "so heißt Folge 171 aus seinem PodCast 'Neues vom Känguru'."

Der Rest geht in der ohrenbetäubenden Alarmsirene unter…

TRÖÖÖT TRÖÖÖT TRÖÖÖT
TRÖÖÖT TRÖÖÖT TRÖÖÖT

Friday, December 20, 2013

Eine Weihnachtsgeschichte – Kapitel Zwanzig…


"Der eiserne Lamarich."

"Cool!" Ist das Tier wirklich begeistert oder tut es nur so? "Ist das jetzt Science-Fiction? Das klingt nach einem tollen Lama-Roboter. Aber wo ist der Buddy-Teil von der Geschichte? Oder geht der Titel noch weiter? 'Der eiserne Lamarich… und der trottelige Bromford'? Oder so?"

"Nein", sage ich trocken. "Nur: Der eiserne Lamarich."

Dann lese ich vor:

"Und am Morgen, als die Sonne sie aufweckte, kam ein Wagen herangefahren, mit acht weißen Pferden bespannt, die hatten weiße Straußfedern auf dem Kopf und gingen in goldenen Ketten, und hinten stand der Diener des jungen Bromford, das war der treue Lamarich."

"Oh ho!" macht das Lama. "Da isser ja, der Bromford. Aber der Lamarich, ein Diener? Also, das finde ich…"

"Pssst!" mache ich und lese weiter.

"Der treue Lamarich hatte sich so betrübt, als sein Herr war von einer bösen Hexe in einen Frosch verwandelt worden, dass er drei eiserne Bande hatte um sein Herz legen lassen, damit es ihm nicht vor Weh und Traurigkeit zerspränge.

Der Wagen aber sollte den jungen Bromford in sein Reich abholen; der treue Lamarich hob beide hinein,…"

"Wer ist denn 'beide'? Wer ist denn da noch?" unterbricht das Lama.

"Das steht hier nicht", sage ich, "denk Dir halt was aus. Sei doch nicht immer so phantasielos!"

Das Lama zieht einen Flunsch.

"Der treue Lamarich hob beide hinein, stellte sich wieder hinten auf und war voller Freude über die Erlösung.

Und als sie ein Stück Weges gefahren waren, hörte der Bromford, dass es hinter ihm krachte, als wäre etwas zerbrochen. Da drehte er sich um und rief:

'Lamarich, der Wagen bricht.'"

"Lamarich! Mir graut's vor dir",

sagt das Lama.

"Ganz andere Baustelle", meine ich.

"'Lamarich, der Wagen bricht.'

'Nein, Herr, der Wagen nicht,
Es ist ein Band von meinem Herzen,
Das da lag in großen Schmerzen,
Als Ihr in dem Brunnen saßt,
Als Ihr eine Fretsche wast.'

Noch einmal und noch einmal krachte es auf dem Weg, und der Bromford meinte immer, der Wagen bräche, und es waren nur die Bande, die vom Herzen des treuen Lamarich absprangen, weil sein Herr erlöst und glücklich war."

Das Lama schaut mich weiter erwartungsvoll und skeptisch zugleich an.

"Ende?" schlage ich vor, obwohl es nicht explizit im Märchenbuch steht.

Das Lama runzelt die Stirn, dann knurrt es: "Also, bist Du Dir sicher, dass das eine vollständige Geschichte war? Irgendwie fehlt mir da was. Fühle mich wie in einem Film, in den ich zu spät gekommen bin. Hast Du schon mal was von einem Anfang gehört, Alter?"

"Steht hier nicht", sage ich kurz und schlage das Märchenbuch zu.

"Lügner!" ruft das Tier und stürzt sich auf mich, um mir das Buch zu entreißen. "Gib her! Gib her! Das will ich selber sehen!"

Ich springe auf und renne um den Couchtisch herum.

"Ich denke, Du kannst nicht lesen, Du Tier?!" rufe ich.

"Halt die Klappe! Und gib das Buch her!" ruft das Lama und schnappt zu.

"OK, OK!" rufe ich nach einer Weile als ich schon leicht außer Atem bin. "Ich habe das Märchen davor weggelassen! Aber glaube mir! Der Lamarich kommt da nur im Titel vor und platzt ansonsten völlig unerwartet in die Geschichte. So als Anklatsch ganz am Ende. Ich wollte nur testen, ob das Ende an sich und für sich allein gestellt funktioniert und mehr Sinn ergibt. Und sei doch froh, dass das Lama diesmal am Leben bleiben durfte!"

"Na, wenigstens etwas!" brüllt das Tier. Dann gibt es die Verfolgung auf und verschwindet in der Küche.

Thursday, December 19, 2013

Eine Weihnachtsgeschichte – Kapitel Neunzehn…


"Bromford?" fragt das Lama vorsichtig. "Ich finde Deine Geschichten etwas tierlastig, fast schon fabelhaft. Und das nicht nur wegen der Lamafizierung. Hast Du nicht doch so was wie ein echtes Buddy-Märchen auf Lager? Es müssen ja nicht Oger und Lama sein, die in ein Abenteuer ziehen – und vor allem auch wieder zurückkommen –, wenn Du Angst vor den 'Traumwerken' hast, die die Rechte daran haben. Aber wie wäre es denn mit 'Bromford und Lama'? Und vor allem ohne den Tod des Lamas am Ende!"

Ich überlege kurz.

"Meinst Du so was wie das hier?" frage ich und fange dann an zu singen:


"Bromford und Lama verliefen sich im Wald.
Es war so finster und auch so bitter kalt.
Sie kamen an ein Häuschen von Pfefferkuchen fein.
Wer mag der Herr wohl von diesem Häuschen sein?


Hu, hu, da schaut' eine alte Hexe raus!
Lockte die beiden ins Pfefferkuchenhaus.
Sie stellte sich gar freundlich, o Bromford, welche Not!
Ihn wollt' sie braten im Ofen braun wie Brot.


Doch als die Hexe zum Ofen schaut hinein,
Ward sie gestoßen von Bromford und Lamalein.
Die Hexe musste braten, die beiden geh'n nach Haus.
Nun ist das Märchen von Bromford und Lama aus."


"Na ja", meint das Lama, "vielleicht nicht genau das. Aber nicht schlecht für den Anfang."

"Mal sehen, was das Märchenbuch noch so alles auswirft", sage ich geheimnisvoll.

Wednesday, December 18, 2013

Eine Weihnachtsgeschichte – Kapitel Achtzehn…


"Von dem Tode des Lamas", nenne ich den Titel der nächsten Geschichte.

"Du willst mich bestrafen. Oder, Alter?" fragt das Lama.

"Wofür sollte ich Dich denn bestrafen wollen, Lama? Und womit?"

"Dafür, dass ich Dir am Anfang dauernd in die Geschichten gequatscht habe und dauernd unzufrieden war mit allem. Aber erzähl einfach weiter."

"Auf eine Zeit ging das Lama mit dem Bromford in den Nussberg und sie machten miteinander aus, wer einen Nusskern fände, sollte ihn mit dem anderen teilen.

Nun fand das Lama eine große, große Nuss, sagte aber nichts davon und wollte den Kern allein essen. Der Kern aber war so dick, dass es ihn nicht hinunterschlucken konnte und er ihm im Hals steckenblieb, dass ihm angst wurde, es müsste ersticken. Da schrie das Lama:

'Bromford, ich bitte Dich, lauf, was Du kannst, und hol mir Wasser, sonst erstick' ich.'

Der Bromford lief, was er konnte, zum Brunnen und sprach:

'Born, Du sollst mir Wasser geben; das Lama liegt auf dem Nussberg, hat einen großen Nusskern geschluckt und will ersticken.'

Der Brunnen antwortete:

'Lauf erst hin zur Braut und lass Dir rote Seide geben.'

Der Bromford lief zur Braut:

'Braut, Du sollst mir rote Seide geben. Rote Seide will ich dem Brunnen geben, der Brunnen soll mir Wasser geben, das Wasser will ich dem Lama bringen, das liegt auf dem Nussberg, hat einen großen Nusskern verschluckt und will daran ersticken.'

Die Braut antwortete:

'Lauf erst und hol' mir mein Kränzlein, das blieb an einer Weide hängen.'

Da lief der Bromford zur Weide und zog das Kränzlein von dem Ast und brachte es der Braut, und die Braut gab ihm rote Seide dafür, die brachte er dem Brunnen, der gab ihm Wasser dafür."

"Alter?!" unterbricht das Lama.

"Ja, Lama?"

"Beeilung! Das Lama wird noch ersticken! Und überhaupt, was will ein sprechender Brunnen mit roter Seide? Wo bleibt die Realität in Deinen Geschichten, Mann?"

"Da brachte der Bromford das Wasser zum Lama; wie es aber hinkam, war derweil das Lama erstickt und lag da tot und regte sich nicht."

"Siehste! Siehste! Siehste!"

"Da war der Bromford so traurig, dass er laut schrie, und kamen alle Tiere und beklagten das Lama; und sechs Mäuse bauten einen kleinen Wagen, das Lama darin zum Grabe zu fahren; und als der Wagen fertig war, spannten sie sich davor, und der Bromford fuhr.

Auf dem Weg aber kam der Fuchs:

'Wo willst Du hin, Bromford?'

'Ich will mein Lama begraben.'

'Darf ich mitfahren?'

'Ja, aber setz Dich hinten auf den Wagen,
Vorn können's meine Pferdchen nicht vertragen.'

Da setzte sich der Fuchs hinten auf, dann der Wolf, der Bär, der Hirsch, der Löwe und alle Tiere in dem Wald.

So ging die Fahrt fort, da kamen sie an einen Bach.

'Wie sollen wir nun hinüber?' sagte der Bromford.

Da lag ein Strohhalm am Bach, der sagte:

'Ich will mich quer drüberlegen, so könnt ihr über mich fahren.'

Wie aber die sechs Mäuse auf die Brücke kamen, rutschte der Strohhalm und fiel ins Wasser, und die sechs Mäuse fielen alle hinein und ertranken.

Da ging die Not von neuem an, und kam eine Kohle, und sagte:

'Ich bin groß genug, ich will mich darüber legen, und ihr sollt über mich fahren.'

Die Kohle legte sich auch an das Wasser, aber sie berührte es unglücklicherweise ein wenig, da zischte sie, verlöschte und war tot.

Wie das ein Stein sah…"

"Echt, Alter? Ein Stein mit Augen?" mault das Lama. "Ich glaube, die Geschichte gefällt mir nicht."

"Wie das ein Stein sah, erbarmte er sich und wollte dem Bromford helfen und legte sich über das Wasser.

Da zog nun der Bromford den Wagen selber; wie es ihn aber drüben hatte und war mit dem toten Lama auf dem Land und wollte die andern, die hinten aufsaßen, auch heranziehen, da waren ihrer zuviel geworden, und der Wagen fiel zurück, und alles fiel miteinander ins Wasser und ertrank.

Da war der Bromford noch allein mit dem toten Lama und grub ihm ein Grab und legte es hinein und machte einen Hügel darüber; auf den setzte er sich und grämte sich so lang, bis er auch starb; und da war alles tot."

"Also, würglich!" meckert das Lama mit vollem Mund. "Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole! Was ist nur aus: 'Und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch heute…' geworden? Gibt es denn keine glücklichen Enden in Deinen Geschichten?"

Dann fängt es plötzlich an zu keuchen und zu röcheln und läuft rot und blau an um die hervorquellenden Augen.

Ich springe auf und klopfe ihm mit drei kurzen, heftigen Schlägen auf den Rücken.

Das Lama hustet und spuckt etwas rundes und braunes quer durch das Wohnzimmer.

"Ein Nusskern?" frage ich.

Das Lama nickt wortlos.

Tuesday, December 17, 2013

Eine Weihnachtsgeschichte – Kapitel Siebzehn…


Am nächsten Abend ist das Lama wieder da und verlangt wortlos eine weitere Geschichte.

"Das Lama und die Katze", lese ich. Und das Lama nickt stumm.

"Es trug sich zu, dass die Katze in einem Walde dem Lama begegnete, und weil sie dachte: Es ist gescheit und wohl erfahren und gilt viel in der Welt, so sprach sie ihm freundlich zu.

'Guten Tag, liebes Lama, wie geht's? Wie steht's? Wie schlagt ihr Euch durch in dieser teuren Zeit?'

Das Lama, alles Hochmutes voll, betrachtete die Katze von Kopf bis zu Füßen und wusste lange nicht, ob es eine Antwort geben sollte. Endlich sprach es:

'O Du armseliger Bartputzer, Du buntgescheckter Narr, Hungerleider und Mäusejäger, was kommt Dir in den Sinn? Du unterstehst Dich zu fragen, wie mir 's gehe? Was hast Du gelernt? Wieviele Künste verstehst Du?'

'Ich verstehe nur eine einzige', antwortete bescheidentlich die Katze.

'Was ist das für eine Kunst?' fragte das Lama.

'So die Hunde hinter mir her sind, kann ich auf einen Baum springen und mich retten.'

'Ist das alles?' sagte das Lama, 'ich bin Herr über hundert Künste und habe überdies noch einen Sack voll Listen. Du jammerst mich, komm mit mir, ich will Dich lehren, wie man den Hunden entgeht.'

Indem kam ein Jäger mit vier Hunden daher. Die Katze sprang behend auf einen Baum und setze sich in den Gipfel, wo Äste und Laubwerk sie völlig verbargen.

'Bindet den Sack auf, liebes Lama, bindet den Sack auf', rief ihm die Katze zu, aber die Hunde hatten es schon gepackt und hielten es fest.

'Ei, liebes Lama', rief die Katze, 'Ihr bleibt mit Euern hundert Künsten stecken. Hättet Ihr heraufkriechen können wie ich, so wär's nicht um Euer Leben geschehen."

"Ist das das Ende?" fragt das Lama.

Ich nicke.

"Verstehe ich nicht", sagt das Tier. "Und wo war das 'Und wenn sie nicht gestorben sind...'? Oder was will uns der Autor damit sagen?"

"Vielleicht", sage ich, "so was wie, Hochmut kommt vor dem Fall."

"Vielleicht aber auch, da geht der Bach runter. Oder Perlen vor die Säulen werfen", knurrt das Tier. "Oder man muss immer zwei Nägel mit einem Kopf schlagen, ohne den Sand in den Kopf zu stecken. Und ich sag noch", mault es weiter, "ich kann mit diesen Moralen in diesen Geschichten nichts anfangen. Das war ja unterste Gürtellinie!"

Dann sieht es sich lieber einen Boxkampf im Fernsehen an.

Monday, December 16, 2013

Eine Weihnachtsgeschichte – Kapitel Sechzehn…


Ich habe die Wohnzimmertür ausgehängt und das Lama mit vielen, vielen guten Worten wieder zum Zuhören überredet. Aber vielleicht war gar nicht so viel Überredung nötig. Irgendwie scheint das Tier nun doch das Geschichtenfieber gepackt zu haben.

"Frau Trude", lese ich den Titel der heutigen Geschichte vor.

"Hey, das klingt nach einer lieben Frau und einer gemütlichen Geschichte!" ruft das Lama begeistert aus. "Ich hole schon mal die Kekse und mache uns einen Wintertee mit Zimt. Dann noch die Kuscheldecke. Und der Märchenabend ist perfekt!"

Ich lächele diabolisch, lasse das Tier jedoch gewähren. Und als es mir mit einer dampfenden Teetasse zwischen den Vorderfüßen und dennoch bis zum Hals in die Decke eingemummelt auffordernd zunickt, lese ich weiter:

"Es war einmal ein kleines Lama, das war eigensinnig und vorwitzig, und wenn sein Bromford etwas sagte, so gehorchte es nicht. Wie konnte es dem gut gehen?"

Das Lama runzelt die Stirn, nippt aber weiter an seinem Tee.

"Eines Tages sagte es zu seinem Bromford:

'Ich hab so viel von der Frau Trude gehört, ich will einmal zu ihr hingehen; die Leute sagen, es sehe so wunderlich bei ihr aus, und erzählen, es seien so seltsame Dinge in ihrem Apartment, da bin ich ganz neugierig geworden.'

Der Bromford verbot es ihm streng und sagte:

'Die Frau Trude ist eine böse Frau, die gottlose Dinge treibt, und wenn Du zu ihr hingehst, so bist Du mein Lama nicht mehr.'

Aber das Lama kehrte sich nicht an das Verbot seines Bromfords und ging doch zu der Frau Trude. Und als es zu ihr kam, fragte die Frau Trude:

'Warum bist Du so bleich?'

'Ach', antwortete es und zitterte am Leibe, 'ich habe mich so erschrocken über das, was ich gesehen habe.'"

Das Lama hat die Teetasse auf dem Couchtisch abgestellt und hängt gebannt an meinen Lippen, während es an einem besonders großen Keks herumknabbert.

"'Was hast Du gesehen?'

'Ich sah auf eurer Stiege einen schwarzen Mann.'

'Das war ein Köhler.'

'Dann sah ich einen grünen Mann.'

'Das war ein Jäger.'

'Danach sah ich einen blut-roten Mann.'

'Das war ein Metzger.'

'Ach, Frau Trude, mir grauste, ich sah durchs Fenster und sah Euch nicht, wohl aber den Teufel mit feurigem Kopf.'

'Oho', sagte sie, 'so hast Du die Hexe in ihrem rechten Schmuck gesehen. Ich habe schon lange auf Dich gewartet und nach Dir verlangt, Du sollst mir leuchten.'

Da verwandelte sie das Lama in einen Holzblock und warf ihn ins Feuer. Und als es in voller Glut war, setzte sie sich daneben, wärmte sich daran und sprach:

'Das leuchtet einmal hell!'"

Das Lama verschluckt sich, hustet und spuckt Kekskrümel über den ganzen Couchtisch.

"Alter! Was war das denn?" keucht es. "Solche Geschichten will ich nicht hören! Das war ja fürchterlich. Und wo war da das Happyend?"

"Na", grinse ich, "die Frau Trude hatte es doch schön hell am Ende. Was willst Du mehr?!"

"Das hast Du mit Absicht gemacht, Alter!"

"Was?" frage ich mit Unschuldsmiene. "Das Märchenbuch schlägt die Geschichten vor, die ich erzählen soll. Ich habe keinen Einfluss darauf."

"Du bist ein Lügner, Bromford Bibble!" verkündet das Tier und trottet wieder beleidigt in sein Zimmer. Diesmal allerdings, ohne die Türen zu knallen.

Sunday, December 15, 2013

Eine Weihnachtsgeschichte – Kapitel Fünfzehn…


"Na, hast Du Dich wieder eingekriegt?" frage ich das Lama.

"Was bleibt mir denn anderes übrig?" antwortet das Tier. "Ich bin ja irgendwie von Dir abhängig. Ich will wissen, wie die Geschichte ausgeht. Und wie Du weißt, kann ich nicht lesen!"

Der eine BlockBlog-Eintrag sagt so, der andere ganz anders, überlege ich. Außerdem gibt es mit Sicherheit Hörbuchfassungen von diesem Märchen. Aber egal.

"Gut", sage ich. "Dann mach Dich mal auf das rasante Finale dieser Achterbahnfahrt der Emotionen gefasst!"

"Ich kann vor Aufregung kaum an mich halten!" Meint es das ernst?

"Das Lama stieg hinab zu der Quelle, wo der Auerochse schnaubte und es anbrüllte. Nach langem Kampf stieß es ihm sein Schwert in den Leib, und er sank nieder.

Augenblicklich erhob sich aus ihm der Feuervogel und wollte fort fliegen; aber der Adler, der Bruder des Lamas, der zwischen den Wolken daherzog, stürzte auf ihn herab, jagte ihn nach dem Meere hin und stieß ihn mit seinem Schnabel an, so dass er in der Bedrängnis das Ei fallen ließ.

Es fiel aber nicht in das Meer, sondern auf eine Fischerhütte, die am Ufer stand, und die fing gleich an zu rauchen und wollte in Flammen aufgehen. Da erhoben sich im Meer haushohe Wellen, strömten über die Hütte und bezwangen das Feuer. Der andere Lamabruder, der Walfisch, war herangeschwommen und hatte das Wasser in die Höhe getrieben.

Als der Brand gelöscht war, suchte das Lama nach dem Ei und fand es glücklicherweise. Es war noch nicht geschmolzen; aber die Schale war von der plötzlichen Abkühlung durch das kalte Wasser zerbröckelt, und er konnte die Kristallkugel unversehrt herausnehmen

Als das Lama zu dem Zauberer ging und sie ihm vorhielt, so sagte dieser:

'Meine Macht ist zerstört, und Du bist von nun an der König vom Schloss der goldenen Sonne. Auch Deinen Lamabrüdern kannst Du die lamaartige Gestalt damit zurückgeben.'

Da eilte das Lama zu der Königslamatochter, und als es in ihr Zimmer trat, so stand sie da in vollem Glanz ihrer Schönheit, doch nicht in eine Lamafrau verwandelt, sondern in einen wunderschönen Bromford, und beide wechselten voll Freude die Ringe miteinander."

"IHHHHHH!" kreischt das Lama. "Ist es das, was Du Dir unter einem Happyend vorstellst?"

"Du etwa nicht?" frage ich mit einem diabolischen Grinsen.

"Deine Gebrüder Gramm würden sich im Grabe umdrehen!" ruft das Lama. "Nie kann es ein Happyend geben mit einem bleichgesichtigen Zweibeiner anstelle einer wunderschönen Lamafrau! Wie soll dieses Märchen überhaupt heißen?"

"Die Kristallkugel", sage ich unschuldig.

"Dieses Machwerk sollte besser heißen, Die Lamazauberin, die zwar verantwortlich ist für den ganzen Schlamassel, aber nie wieder erwähnt wird in der Geschichte und noch nicht mal ihre gerechte Strafe bekommt. Wenn das jetzt bis Weihnachten so weiter geht mit diesen Geschichten aus diesem Märchenbuch, ich glaube dann… dann… dann… SPUCKE ICH WIRKLICH!"

Spricht 's und wirft die Wohnzimmertür mit einem Knall hinter sich ins Schloss.

Saturday, December 14, 2013

Eine Weihnachtsgeschichte – Kapitel Vierzehn…


Neulich im Restaurant.

Lama und Bromford – vielleicht auch sein irischer Vetter Labhrás ó Sagart Sliabh – saßen an einem Tisch und nahmen ein Abendessen zu sich.

"Gesundheit!" sagt das Lama und fragt: "Das gehört jetzt aber nicht zur Weihnachtsgeschichte, oder?"

"Warum?" gegenfrage ich.

"Mennoh!" schmollt das Tier. "Außerdem solltest Du das nicht dauernd schreiben. Also, dass wir im Restaurant sitzen, meine ich. Sieht ja aus, als wären wir irgendwelche stinkreichen Krösusse oder so, die dauernd ausgehen und überhaupt nur Schickimicki um sich haben."

"Aber so funktioniert die Geschichte besser", sage ich nur. Und das Lama verdreht die Augen.

Neulich im Restaurant.

"Wer ist die Frau?" fragte das Lama.

"Das ist die Mutter von irgendjemand", sagte Bromford.

"Mögen wir irgendjemand?" fragte das Lama.

"Wie meinst Du das?" fragte Bromford.

"Gegenfragen als Tuwort fand ich ganz lustig", sagt das Lama. Und ich verdrehe die Augen.

"Ich meine", sagte das Lama, "wenn wir das Kind – egal ob Sohn oder Tochter – von der lauten, übertrieben geschminkten Frau, die da vorne am Eingang randaliert und offensichtlich auch noch betrunken ist, nicht mögen würden, dann könnten wir uns über die Mutter lustig machen und außerdem noch irgendjemand von nun an ständig und immer wieder damit aufziehen."

"So kompliziertes Zeugs sage ich aber nicht!" protestiert das Lama. "Und so gemein bin ich auch nicht. Außerdem will ich wissen, wie die Weihnachtsgeschichte mit dem Lama und dem goldenen Schloss und der Königslamatochter und dem Auerochsen weitergeht!"

"Aber das ist eine andere Geschichte und soll ein anderes Mal erzählt werden", sage ich und klappe das dicke Märchenbuch zu.

"Scherzanase!" schnaubt das Tier verächtlich.

Friday, December 13, 2013

Eine Weihnachtsgeschichte – Kapitel Dreizehn…


"…Und kaum waren die Worte über seine Lippen, so stand es auf einem hohen Berg vor dem Tor des Schlosses", lese ich noch einmal die Stelle des Märchens, an der ich gestern aufgehört hatte.

"Ah, der feine Herr Bibble beliebt, weiterzulesen", mault das Lama, aber ich ignoriere es kurzerhand.

"Das Lama trat hinein und ging durch alle Zimmer, bis es in dem letzten die Königslamatochter fand. Aber wie erschrak es, als es sie anblickte: sie hatte ein aschgraues Gesicht voll Runzeln, trübe Augen und rote Haare.

'Seid Ihr die Königslamatochter, deren Schönheit alle Welt rühmt?' rief es aus.

'Ach', erwiderte sie, 'das ist meine Gestalt nicht, die Augen der Lamas können mich nur in dieser Hässlichkeit erblicken; aber damit Du weißt, wie ich aussehe so schau in den Spiegel, der lässt sich nicht irre machen, der zeigt Dir mein Bild, wie es in Wahrheit ist.'

Sie gab ihm den Spiegel in die Hand, und es sah darin das Abbild der schönsten Lamafrau, die auf der Welt war, und sah, wie ihr vor Traurigkeit die Tränen über die Wangen rollten.

Da sprach es: 'Wie kannst Du erlöst werden? Ich scheue keine Gefahr.'

Sie sprach: 'Wer die kristallene Kugel erlangt und hält sie dem Zauberer vor, der bricht damit seine Macht, und ich kehre in meine wahre Gestalt zurück. Ach', setzte sie hinzu, 'schon so mancher ist darum in seinen Tod gegangen, und Du junges Blut, Du jammerst mich, wenn Du Dich in die großen Gefährlichkeiten begibst.'

'Mich kann nichts abhalten', sprach es, 'aber sage mir, was ich tun muss.'

'Du sollst alles wissen', sprach die Königslamatochter; 'wenn Du den Berg, auf dem das Schloss steht, hinabgehst, so wird unten an einer Quelle ein wilder Auerochse stehen, mit dem musst Du kämpfen. Und wenn es Dir glückt, ihn zu töten, so wird sich aus ihm ein feuriger Vogel erheben, der trägt in seinem Leib ein glühendes Ei, und in dem Ei steckt als Dotter die Kristallkugel. Er lässt aber das Ei nicht fallen, bis er dazu gedrängt wird; fällt es aber auf die Erde, so zündet es und verbrennt alles in seiner Nähe, und das Ei selbst zerschmilzt und mit ihm die kristallne Kugel, und all Deine Mühe ist vergeblich gewesen.'

Das Lama stieg hinab zu der Quelle, wo der Auerochse schnaubte und es anbrüllte."

Mit einem leisen, dumpfen Knall schlage ich das Märchenbuch zu. Das Lama zuckt erschrocken zusammen.

"Alter, was soll das?" fragt es verstimmt. "Warum hörst Du jetzt auf? Wo es doch gerade so spannend ist. Endlich mal eine Geschichte, bei der ich wirklich wissen will, wie sie ausgeht!"

"Der Tag ist nicht mehr fern", lüge ich, "und vom Lesen ist meine Stimme ganz heiser und trocken."

"Ist das jetzt einer von Deinen blöden Klippenhängern?" murrt das Tier.

"Cliffhanger", korrigiere ich. "Kann sein."

"Ich hoffe, es sind Klippenspringer und sie werfen Dich von oben in einen Fluss, der Dir nicht mal bis zu den Knöcheln reicht!" schmollt das Tier und schließt sich im Badezimmer ein.

Thursday, December 12, 2013

Eine Weihnachtsgeschichte – Kapitel Zwölf…


Ich schlage das Märchenbuch auf und puste etwas Staub heraus. Das Lama beobachtet mich neugierig.

"Ich weiß, es kann nur eines geben", versuche ich alle Diskussion gleich im Keim zu ersticken, "aber hör es Dir erst mal an:

Es war einmal eine Lamazauberin, die hatte drei Lamasöhne, die sich brüderlich liebten; aber die Alte traute ihnen nicht und dachte, sie wollten ihr ihre Macht rauben.

Da verwandelte sie das älteste Lama in einen Adler, der musste auf einem Felsengebirge hausen, und man sah ihn manchmal am Himmel in großen Kreisen auf und nieder schweben. Das zweite verwandelte sie in einen Walfisch, der lebte im tiefen Meer, und man sah nur, wie er zuweilen einen mächtigen Wasserstrahl in die Höhe warf. Beide hatten nur zwei Stunden jeden Tag ihre lamaartige Gestalt.

Das dritte Lama, da es fürchtete, sie möchte es auch in ein reißendes Tier verwandeln, in einen Bären oder einen Wolf, so ging es heimlich fort.

Es hatte aber gehört, dass auf dem Schloss der goldenen Sonne eine von einem Zauberer verwünschte Königslamatochter säße, die auf Erlösung harrte; es müsste aber jeder sein Leben daran wagen, schon dreiundzwanzig Lamas wären eines jämmerlichen Todes gestorben und nur eines noch übrig, dann dürfte keines mehr kommen. Und da sein Herz ohne Furcht war, so fasste es den Entschluss, das Schloss von der goldenen Sonne aufzusuchen.

Es war schon lange Zeit herumgezogen und hatte es nicht finden können; da geriet es in einen großen Wald und wusste nicht, wo der Ausgang war.

Auf einmal erblickte es in der Ferne zwei Riesen, die winkten ihm mit der Hand, und als es zu ihnen kam, sprachen sie:

'Wir streiten um einen Hut, wem er zugehören soll, und da wir beide gleich stark sind, so kann keiner den anderen überwältigen. Die kleinen Lamas sind klüger als wir, daher wollen wir Dir die Entscheidung überlassen.'

'Wie könnt ihr euch um einen alten Hut streiten?' sagte das Lama.

'Du weißt nicht, was er für Eigenschaften hat! Es ist ein Wunschhut, wer ihn aufsetzt, der kann sich hinwünschen, wohin er will, und im Augenblick ist er dort.'

'Gebt mir den Hut', sagte das Lama, 'ich will ein Stück Weges gehen, und wenn ich euch dann rufe, so lauft um die Wette, und wer am ersten bei mir ist, dem soll er gehören.'

Es setzte den Hut auf und ging fort, dachte aber an die Königslamatochter, vergaß die Riesen und ging immer weiter.

Einmal seufzte es aus Herzensgrund und rief: 'Ach, wäre ich doch auf dem Schloss der goldenen Sonne!' Und kaum waren die Worte über seine Lippen, so stand es auf einem hohen Berg vor dem Tor des Schlosses."

"Ui! Ui! Ui!" sagt das Lama. "Das ist ja mal spannend! Werden die Riesen das Lama verfolgen und den Hut zurückhaben wollen? Bekommt es ordentlich auf die Fresse? Und was ist mit der Königslamatochter?"

Es wippt aufgeregt auf dem Sofa vor und zurück.

"Hast Du schon mal gehört", frage ich, "dass man aufhören soll, wenn es am schönsten ist? Oder am spannendsten?"

"Das ist jetzt nicht Dein Ernst, Alter!"

Wednesday, December 11, 2013

Eine Weihnachtsgeschichte – Kapitel Elf…


"Hör zu", sage ich zum Lama und schiebe unauffällig einen alten Jutebeutel unter das Sofa.

"Tue ich doch immer, Bromford, mein Lieber", heuchelt das Tier.

"Ich habe beschlossen, mir keine eigenen Geschichten mehr auszudenken."

"Wundert mich gar nicht, Du alter Plakatator, Du!" säuselt das Tier. "Obwohl mir die Geschichte vom Lama im Glück auch irgendwie bekannt vorkam."

"Ich werde Dir von jetzt an bekannte oder vielleicht auch unbekanntere Märchen aus der Sammlung eines gewissen Bruderpaares vorlesen."

"Dieter und Uli Hoeneß?" kommt es wie aus der Pistole geschossen.

"Nein", sage ich zerstreut. "Wer?"

"Dann Heath Ledger und Matt Damon? Aus Kassel bei Frankfurt?"

"Die doch nicht! Und waren die überhaupt Brüder?"

"Jacob und Will Reckless? Ernie und Bert? Ex und Hopp?"

"Das ist hier doch kein Ratespiel!" sage ich. "Und selbst Du wirst doch wohl schon mal von Jakob und Wilhelm Grimm gehört haben. Ich war heute extra in einem Antiquariat und habe da dieses alte Märchenbuch gekauft."

"Ich dachte, in einem Aquariat gibt es nur Zierfische", sagt das Lama, aber ich beschließe, diesen Zwischenruf zu ignorieren.

"Um Dir aber etwas entgegen zu kommen", sage ich, und um das Genörgel und die Zwischenrufe wenigstens etwas zu minimieren, füge ich in Gedanken hinzu, "werde ich die Märchen allerdings etwas lamafizieren."

"Au, fein!" ruft das Lama aus und schafft es tatsächlich mit allen vier Klauen gleichzeitig in die Hände oder auch Füße zu klatschen. "Von dieser Lamafizierung habe ich bisher nur Gutes gehört."

Ich ziehe ein altes, in Leder gebundenes Märchenbuch unter dem Sofa hervor. Es hat sich selbstständig aus dem Jutebeutel befreit und ist nun mit einer dicken Staubschicht und Spinnweben bedeckt.

"Ui! Ui! Ui!" keucht das Lama. "Entweder ist das ein wirklich alter Schinken oder wir müssen unsere Putzfrau feuern, weil sie nicht unter dem Sofa saubermacht!"

"Komisch", sage ich, "im Laden war es noch nicht ganz so alt und verstaubt. Aber der Antiquar hat auch gemeint, es läge etwas Magisches, etwas wie ein uralter Zauber auf diesem Buch."

"Spannend", meint das Tier. "Vielleicht ist aber auch einfach nur jemand unter unserem Sofa gestorben."

Dann schaut es mich erwartungsvoll an.

Tuesday, December 10, 2013

Eine Weihnachtsgeschichte – Kapitel Zehn…


Ich versuche es mit einer neuen Geschichte.

"Einst lebte eine Lama-Stute in den Hügeln des Stechpalmen-Waldes. Die hatte lange, rote Locken und ein breites Grinsen und hörte auf den Namen Julia. Und sie verrichtete ihr Tagwerk und verdiente ihre Brötchen, indem sie auf den Sternen und dem Trottoir eines Prachtboulevards auf und ab flanierte."

"Was ist ein Trottoir?" fragt das Lama.

"Ein Bürgersteig", sage ich.

"Aha. Und als was arbeitet man als Lama-Stute auf einem Bürgersteig?" fragt das Lama.

"Bist Du schwer von Begriff? Sie war eine Bordstein…", beginne ich.

"Eine Bordsteinschwalbe?" ergänzt das Tier spontan und entrüstet.

"Nein, eine Bordsteinkontrolleurin", sage ich.

"Hmm, eventuell gefällt mir die Richtung mal wieder nicht, in die diese Geschichte geht", meint das Lama.

"Darf ich dann weitermachen?"

"Nur zu."

"Wie gnädig. Also…

Und wie sie da so Tag ein, Tag aus auf und ab flanierte hielt eines Tages der Graf Richard Gier von dem Stechpalmen-Wald mit seiner goldenen Kreditkarte und seiner Luxuslimousine neben ihr an und lud sie ein, für einen Abend seine Begleitung und Prinzessin zu sein. Dafür überhäufte er sie mit Schmuck und teuren Kleidern und nannte sie von nun an 'Pretty Lumen'.

Doch die bösen Freunde des Grafen Gier waren eifersüchtig und missgünstig und wussten von der Tätigkeit der Lama-Stute als Bordstein…"

Das Lama unterbricht: "Ist das jetzt eins von diesen Hollywood-Märchen?"

"Vielleicht."

"Kannst Du Dir in die Haare schmieren, Alter! Das sehe ich mir lieber auf DVD an. Da gehe ich ja lieber den Geschirrspüler einräumen", verkündet das Tier und verschwindet aus dem Wohnzimmer.

Seufz!

Monday, December 09, 2013

Eine Weihnachtsgeschichte – Kapitel Neun…


"Es war einmal ein Lama von geringem Verstand. Und nachdem dieses Lama sieben Jahre bei Herrn Müller in der Lehre gewesen war – als Bettvorleger oder so – da schickte der Herr Müller das Tier zurück zu seiner Mutter nach Hause, nicht ohne es zuvor mit einem großen Klumpen Gold für seine treuen Dienste zu entlohnen."

Heimlich schiele ich zu dem Lama hinüber und versuche herauszufinden, ob von seiner Seite irgendwelche Störungen zu erwarten sind. Doch das Tier ist heute verdächtig still. Es beißt sich leicht auf die Unterlippe und lässt die Augen auffällig unauffällig im Wohnzimmer umherwandern.

"Und so machte sich das Lama zu Fuß auf die Sohlen und wanderte in Richtung Heimat. Doch schon nach wenigen Kilometern wurde der Goldklumpen schwer und schwerer und das Lama mochte ihn gar nicht mehr tragen.

Da kam ein Reiter auf einem Pferd des Weges. Und das Lama beneidete ihn, dass er nicht selber laufen musste. Und so tauschte es seinen Goldklumpen gegen das Pferd und ritt weiter in Richtung Heimat, froh und glücklich die schwere Last endlich los zu sein."

"Ein Lama?" fragt das Lama leise. "Reitet auf einem Pferd?"

"Wie bitte?"

"Nichts, nichts. Erzähl einfach weiter."

"Doch das Pferd war ein scheues und schreckhaftes Tier und warf das Lama ein ums andere Mal ab. Und wie das Tier wieder einmal durchging und das Lama fluchend hinterdrein lief, es wieder einzufangen, da stoppte es ein Bauer, der gerade seine Kuh zum Markte trieb.

Was ist eine Kuh doch besser als ein wildes Pferd, dachte sich das Lama. Man kann gemächlich hinterdrein laufen, wird nicht abgeworfen und hat immer Milch und Käse, wenn einem danach verlangt."

"Welchem Lama verlangt es schon nach Milch und Käse?" murmelt das Lama. "Wir leiden doch alle an Laktose-Intoleranz!"

"Und so tauschte das Lama das Pferd gegen die Kuh und wanderte weiter. Doch als sich das Tier zum ersten Mal ein Schälchen Milch melken wollte, wurde es gewahr, dass es gar nicht melken konnte und wurde noch dazu, als es am Euter der Kuh herumfuhrwerkte, von dieser vor den Kopf getreten.

Dies sah ein Metzger, der gerade mit einem Schwein des Weges kam. Diese Kuh sei zu alt zum Melken, sagte der Metzger. Die eigne sich höchstens noch zum Ziehen eines Karren oder zum Schlachten. Da nun aber das Lama kein Rindfleisch mochte und ihm schon allein beim Anblick des Schweinchens das Wasser im Munde zusammenlief, tauschten die beiden Kuh und Schwein und gingen ihrer Wege."

Unruhe auf Seiten des Lamas. Es sei Vegetarier, wenn nicht gar Veganer, grummelt es, und möge weder Rind- noch Schweinefleisch.

"Und wie das Lama mit seinem Schwein so wanderte, da traf es einen jungen Burschen, der eine fette, weiße Gans unter dem Arm trug, und sie teilten sich in den Weg. Und wie das Lama dem Burschen von seiner Reise erzählte, wie viel Glück es schon mit seinen Tauschgeschäften gehabt hatte, und von seinem Plan, das Schwein erst einmal einen ganzen Stall voll Ferkel haben zu lassen und es dann zu schlachten und zu Wurst und Fleisch zu verarbeiten, da meinte der Bursche, das Schweinchen sei ein Eber, könne also keine Ferkel haben, und außerdem sei es wohl im vorherigen Dorf gestohlen worden, durch das er gekommen sei.

Da bekam es das Lama mit der Angst zu tun und fragte den Burschen, was es nun tun solle, schließlich wolle es nicht von den Leuten aus dem Dorf verfolgt und mit dem Diebesgut erwischt werden. Da meinte der Bursche, er würde das Risiko eingehen, dem Lama die Gans lassen und mit dem Schweinchen weiterziehen. Gesagt getan, und schon bog der Bursche mit dem fetten Eber in einen Seitenweg ab."

"Wie war das mit dem Lama und dem geringen Verstand?" knurrt das Lama.

"Und wie das Lama noch überlegte, wie stolz seine Mutter auf es sein würde, weil es so geschickt und schlau im Tauschen war, da kam es durch das letzte Dorf vor dem seiner Mutter und traf dort einen Scherenschleifer, der vor dem Gasthaus auf Kundschaft wartete.

Wie der Schleifer die schöne Gans erblickte, so fragte er, wo das Lama sie gekauft haben mochte.

'Die habe ich nicht gekauft, sondern für mein Schwein eingetauscht.'

'Und das Schwein?'

'Das habe ich für eine Kuh gekriegt.'

'Und die Kuh?'

'Die habe ich für ein Pferd bekommen.'

'Und das Pferd?'

'Dafür habe ich einen Klumpen Gold, so groß als mein Kopf, gegeben.'

'Und das Gold?'

'Ei, das war mein Lohn für sieben Jahre Dienst beim Herrn Müller.'

Der Schleifer fasste sich an den Kopf, lobte aber das Lama für sein Glück und seinen Verstand. Doch was es mit einer einzigen Gans wolle, fragte er es, wenn es sich bald einen ganzen Stall voll leisten könne. Dazu bräuchte es nur die Gans gegen seinen Wetzstein einzutauschen und schon bald würde es das Glück in Form von Münzen in seine Tasche springen hören.

Das Lama besann sich, übergab dem Scherenschleifer die Gans, und machte sich mit dem Wetzstein auf den Schultern wieder auf dem Heimweg. Doch schon bald drückte es der Wetzstein noch schlimmer als der Goldklumpen ganz zu Anfang seiner Reise. Und weil es ein arger Durst befiel hielt es auf freier Strecke an einem gemauerten Feldbrunnen an. Den Wetzstein legte es neben sich auf das Mäuerchen, doch als es sich zum Trinken hinabbeugte, stieß es den Stein an, dieser fiel in den Brunnen und versank auf Nimmerwiedersehen in der Tiefe.

Und was tat das Tier? Grämte es sich ob des Verlustes? Nein, es hüpfte und sprang vor Freude über sich und sein Glück.

'So glücklich wie ich', rief es aus, 'gibt es kein Tier unter der Sonne.'
Und mit leichtem Herzen und frei von aller Last sprang es nun fort, bis es daheim bei seiner Mutter war."

"ARRRRRGH!" schreit das Lama auf. "Was sollte das denn? Welches Lama wäre jemals so dumm gewesen, freiwillig auf die sicherste Geldanlage der Welt zu verzichten und sich dann darüber zu freuen, am Ende mit absolut nichts dazustehen? Für wie dämlich hältst Du mich und meine Art?"

Mit gesenktem Kopf kommt es auf mich zu und blinzelt mich wütend an.

"Wenn Du mir jemals wieder so einen langen, gequirlten Schmarrn von Geschichte vorsetzt, dann…", knurrt es, "dann… dann… SPUCKE ICH!"

"Uhu!" sage ich und ruderte mit den Händen in der Luft. "Jetzt habe ich aber Angst!"

Und obwohl es wie ein Scherz klingen soll, ist doch viel zu viel Wahrheit dabei.