Tuesday, January 03, 2012

Friedhof der Kuscheltiere...


"Würde diese Überschrift auch mit dem englischen Originaltitel des Stephen-King-Romans funktionieren?" überlegt das Lama laut und kaut andächtig an einem seiner Vorderhufe.

"Das Buch heißt im Original PET SEMATARY, soweit ich weiß. Somit ist der deutsche Titel eventuell etwas irreführend, weil es sich bei den Kuscheltieren, um die es in dem Buch geht, ja eher um Haustiere als um Kuschel-, also im Sinne von Stofftieren, handelt", beginne ich zu dozieren.

"Wobei ich in diesem Zusammenhang auch immer mal wieder Probleme bekomme, die Textzeile

'Sometimes it's not so easy to be the teacher's pet'

aus dem The-Police-Song 'Don't Stand So Close To Me' zu übersetzen. Teacher's pet? Kuscheltier des Lehrers? Der Schüler / - Schrägstrich - / die Schülerin als Haustier des Lehrers?"

Dann halte ich inne.

"Moment mal", sage ich vorsichtig und misstrauisch. "Du hast doch diese Überschrift hier reingeschmuggelt. Warum eigentlich?"

"Deshalb!"




"Was ist das?" kreische ich hysterisch. "Was soll das?"

Das Lama schiebt den Haufen mit Kuscheltieren – diesmal tatsächlich im Sinne von Stofftieren – mit den Vorderhufen über den Wohnzimmerboden.

"Ich habe Dein Penthouse durchsucht", verkündet es bedrohlich. "Und alle platzraubenden Schmarotzer und Parasiten auf einem Haufen versammelt."

Das Lama tritt scheinbar zufällig gegen das Köpenicker Känguru, aber in Wahrheit mit voller Absicht.

"Das sehe ich!" kreische ich noch hysterischer. "Aber warum machst Du so was?"

"Du, mein lieber, erwachsener, in Würde gealterter und weiser Bromford Bibble." Das Tier betont jedes Wort und kommt mit jedem einen Schritt auf mich zu. "Du hast Dir für das neue Jahr vorgenommen, Dich von diesem infantilen Schnickschnack zu lösen und zu trennen."

Nein, das stimmt nicht. Ich bin mir keinesfalls bewusst, einen solchen Vorsatz getroffen zu haben. Und an einen Gedächtnisverlust aufgrund von übermäßigem Alkoholkonsum in der Silvester- und Neujahrsnacht kann ich mich auch nicht erinnern. Ich schüttele abwehrend den Kopf.

"Und jetzt", trumpft das Lama mit lautem Organ auf, "hast Du die Wahl, wie diese Tierchen uns verlassen sollen…"

Es zückt einen mit heißer, blauer Flamme brennenden Bunsenbrenner aus dem Beutel, den es immer über der Schulter trägt.

"Sie werden entweder ein Raub der Flammen…"

Wieder kickt das Huftier das Känguru.

"Oder geschreddert…"

Ein ohrenbetäubender und eingeweideschüttelnder Lärm erklingt, als das Lama aus dem Nebenzimmer einen laufenden Häcksler für Gartenabfälle ins Wohnzimmer zieht.

"Oder…"

Das Lächeln auf den dicken Lippen des Tieres bekommt einen mehr als diabolischen Zug.

"Oder Eisbär, Känguru & Co. lernen Fliegen!"

In Windeseile und Blitzesschnelle hat das Lama die Glastür zur Dachterrasse aufgerissen und den Tierhaufen in diese Richtung geschoben.

"Warum nur?" quieke ich flehentlich. "Diese, unsere Mitbewohner fressen kein Brot und so viel Platz nehmen sie auch nicht weg. Lass' sie leben! Freiheit für die Kuscheltiere!"

"Aber sie sind eine Bedrohung!"

Das Känguru fliegt nun quer durch das Wohnzimmer, prallt an der Wand ab und bleibt hinter dem Sofa liegen.

"Und teilweise sind sie boshafte und entstellende Parodien!"

Das echte Lama betrachtet das bunte Yokohamalama mit den gestreiften Ohren grimmig und beißt ihm dann vorsichtig in die Plüschnase.

Ich mache einen Hechtsprung nach vorne, in dem ich die Glastür zum Dach schließe, den Schredder und den Bunsenbrenner ausschalte und dem Lama seinen Beutel wegreiße. Nach einer gewagten Seitwärtsrolle schnappe ich mir jedes einzelne Kuscheltier – den mutierten, zweibeinigen Osthund und seinen Adoptivsohn mit Fliege, das Dromedar, den Igel, das schwarze Schaf, den Hund mit dem Plastikhalsband, die Schildkröte, den dicken, orangen Kater, die Kuh, den Eisbären, den Dreißig-Teddy und zuletzt das Köpenicker Känguru und das Yokohamalama – und stopfe jedes vorsichtig in den großen Beutel. Auf dem Weg nach draußen drehe ich mich noch einmal um.

"Etwas Besseres als den Tod finden wir überall!" brülle ich ins Penthouse zurück. "Wir sehen uns in Bremen!"

5 comments:

  1. * Als ob Du freiwillig nach Bremen fahren würdest, Brommy Stubenhocker.

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  2. - Werde ich nicht, wenn Du die Kuschels in Ruhe lässt!

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  3. * Vorerst vielleicht. Hast Du eigentlich die versteckte Botschaft bemerkt?

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  4. * Nicht, dass ich wüsste…

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