Ich habe heute eine Postkarte bekommen. Sie steckte völlig unerwartet zwischen einem Haufen der üblichen Rechnungen und Werbebroschüren in meinem Briefkasten. Und entgegen meiner sonstigen Gewohnheiten, las ich zuerst den Text, bevor ich mir das Fotomotiv auf der Vorderseite anschaute:
"Lieber Bromford Bibble,
Nennt mich Kusskuss. … Immer wenn ich einen grimmigen Zug um den Mund bekomme, wenn trüber, nieselnder November in meine Seele einzieht, wenn ich mich dabei ertappe, dass ich vor Sarggeschäften stehen bleibe und hinter jedem Leichenzug hertrotte, der mir begegnet; ganz besonders aber, wenn mich die Schwermut so übermannt, dass ich meine ganze moralische Kraft aufbieten muss, um nicht auf die Straße zu gehen und den Leuten regelrecht die Hüte vom Kopf zu schlagen – dann weiß ich: Es ist höchste Zeit, auf dem schnellsten Wege in See zu gehen.
Also befinde ich mich auf dem Weg nach Nantucket, um so schnell wie möglich auf dem nächsten Walfänger anzuheuern. Wobei 'Anheuern' vermutlich das falsche Wort ist, denn auf den Walfängern gibt es keine Heuer. Jeder Mitfahrer wird am Ende der Reise mit einem vorher festgelegten Anteil am Gesamtfang beziehungsweise dessen Erlös entlohnt.
Mach' Dir also keine Sorgen um mich. Für Beschäftigung in den nächsten Monaten ist gesorgt. Und Gesellschaft habe ich auch. Bei mir ist mein neuer Heidenfreund, Quiqueg, das Schabrackentapir aus Wanne-Eickel.
Gruß und Kuss Kusskuss.
P.S. Wusstest Du eigentlich, dass Moby, dieser kahlköpfige Elektromusiker und Soundtüftler der Ur-Ur-Großneffe von Herman Melville, dem Autor des Buches 'Mobbing Nick – Das schwarze Kaninchen' ist? Oder so ähnlich?"
Ich schüttele den Kopf. Jetzt fängt das Lama schon wieder an, alles zu verdrehen. Und außerdem schreibt es den ganzen Anfang von Moby Dick, dem Roman von Herman Melville ab. Und wie bitte bekommt es so viel Text auf eine so kleine Postkarte?
Ich drehe die Karte um.
Das Motiv ist ein Foto mit dem Lama drauf. Es hat die Vorderhufe in die Luft gerissen und schwenkt eine Sektflasche. Und im Hintergrund… Ja, die Wahrzeichen hinter dem offensichtlich betrunkenen Tier kenne ich doch! Das sind die Weltzeituhr mit der komischen Planetenkonstruktion oben drauf und der Fernsehturm am Berliner Alexanderplatz.
"Nantucket!" schnaufe ich. "Hat sich was mit Nantucket! Du bist in der Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland!"
Wie lange dauert es wohl, bis man ein Foto, einen Schnappschuss als Postkarte verschicken kann? Gibt es inzwischen fliegende Postkartenfabrikanten auf dem Alexanderplatz? Von wann ist denn der Poststempel?
Nicht zu erkennen. Total verwischt. Und von einem Schabrackentapir keine Spur…
"Lieber Bromford Bibble,
Nennt mich Kusskuss. … Immer wenn ich einen grimmigen Zug um den Mund bekomme, wenn trüber, nieselnder November in meine Seele einzieht, wenn ich mich dabei ertappe, dass ich vor Sarggeschäften stehen bleibe und hinter jedem Leichenzug hertrotte, der mir begegnet; ganz besonders aber, wenn mich die Schwermut so übermannt, dass ich meine ganze moralische Kraft aufbieten muss, um nicht auf die Straße zu gehen und den Leuten regelrecht die Hüte vom Kopf zu schlagen – dann weiß ich: Es ist höchste Zeit, auf dem schnellsten Wege in See zu gehen.
Also befinde ich mich auf dem Weg nach Nantucket, um so schnell wie möglich auf dem nächsten Walfänger anzuheuern. Wobei 'Anheuern' vermutlich das falsche Wort ist, denn auf den Walfängern gibt es keine Heuer. Jeder Mitfahrer wird am Ende der Reise mit einem vorher festgelegten Anteil am Gesamtfang beziehungsweise dessen Erlös entlohnt.
Mach' Dir also keine Sorgen um mich. Für Beschäftigung in den nächsten Monaten ist gesorgt. Und Gesellschaft habe ich auch. Bei mir ist mein neuer Heidenfreund, Quiqueg, das Schabrackentapir aus Wanne-Eickel.
Gruß und Kuss Kusskuss.
P.S. Wusstest Du eigentlich, dass Moby, dieser kahlköpfige Elektromusiker und Soundtüftler der Ur-Ur-Großneffe von Herman Melville, dem Autor des Buches 'Mobbing Nick – Das schwarze Kaninchen' ist? Oder so ähnlich?"
Ich schüttele den Kopf. Jetzt fängt das Lama schon wieder an, alles zu verdrehen. Und außerdem schreibt es den ganzen Anfang von Moby Dick, dem Roman von Herman Melville ab. Und wie bitte bekommt es so viel Text auf eine so kleine Postkarte?
Ich drehe die Karte um.
Das Motiv ist ein Foto mit dem Lama drauf. Es hat die Vorderhufe in die Luft gerissen und schwenkt eine Sektflasche. Und im Hintergrund… Ja, die Wahrzeichen hinter dem offensichtlich betrunkenen Tier kenne ich doch! Das sind die Weltzeituhr mit der komischen Planetenkonstruktion oben drauf und der Fernsehturm am Berliner Alexanderplatz.
"Nantucket!" schnaufe ich. "Hat sich was mit Nantucket! Du bist in der Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland!"
Wie lange dauert es wohl, bis man ein Foto, einen Schnappschuss als Postkarte verschicken kann? Gibt es inzwischen fliegende Postkartenfabrikanten auf dem Alexanderplatz? Von wann ist denn der Poststempel?
Nicht zu erkennen. Total verwischt. Und von einem Schabrackentapir keine Spur…
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