Zwölfter Stock rechts
Unter ständigen Verbeugungen und einem Dauerlächeln bitten sie mich herein. Dabei reden sie pausenlos auf mich ein, aber ich verstehe kein Wort, denn sie sprechen eine asiatische Sprache, die ich beim besten Willen nicht beherrsche.
Der Mann deutet auf sich und sagt: "Jin-Soo Kwon! Jin-Soo Kwon!" Ich glaube zu begreifen, dass das sein Name ist, haue mir mit der flachen Hand vor die Brust und sage: "Bromford Bibble! Bromford Bibble!" Der schwarzhaarige Mann mit den dunklen, mandelförmigen Augen freut sich und nickt eifrig, dann zeigt er auf seine Frau mit den Worten: "Sun-Hwa Kwon! Sun-Hwa Kwon!"
Seine Frau lächelt bezaubernd und reicht mir die Hand, womit sie sich einen tadelnden Blick ihres Mannes einhandelt. Mit einigen schnellen Sätzen in ihrer Sprache fährt er sie an, woraufhin sie ihn erschrocken aber auch ein wenig rebellisch anschaut und dabei den obersten Knopf ihrer Bluse zuknöpft.
Der Mann zeigt wieder auf sich und sagt: "Jin!" Dann deutet er in meine Richtung und meint: "Bromford!" Das ganze wiederholt er noch einige Male: "Jin! Bromford! Jin! Bromford!" Jin ist demnach sein Vorname. Ist es immer so, wenn man versucht, sich zu verständigen, aber keine gemeinsame Sprache kennt?
Aber die kleine Familie ist noch nicht komplett, hat noch ein Mitglied. Eine entzückende kleine Tochter, die Jin mir als "Ji Yeon" vorstellt. Hätten sie mich verstanden, hätte ich sie sicher gefragt, was dieser wohlklingende Name in unserer Sprache bedeutet.
"Korean!" sagt Jin noch, und ich glaube, diesmal spricht er so etwas wie gebrochenes Englisch. Also kommen sie aus Korea und die Sprache, die sie sprechen ist Koreanisch. Und ich denke, die Frage, ob sie aus Nord- oder Südkorea kommen, erübrigt sich auch. Jin gibt mir seine Visitenkarte. Neben asiatischen Schriftzeichen stehen dort in englischer Sprache und Schrift Jins Name und der Name der Firma, für die er arbeitet "Paik Heavy Industries". Von dieser Firma habe ich noch nie etwas gehört.
Sie laden mich ein zu Fisch und einer Beilage, die wie Algen aussieht. Dazu gibt es einen würzigen Reiswein. Sie lachen und reden viel, aber ich weiß die meiste Zeit nicht, ob mit mir oder über mich. Sie sind wirklich herzliche Menschen, auch wenn man sich nur schwer mit ihnen verständigen kann. Vielleicht ist das aber ein Grund, endlich einmal eine asiatische Fremdsprache zu lernen?
Zum Abschied sagt Jin immer wieder etwas, das wie "Meli keuliseumaseu! Meli keuliseumaseu! Meli keuliseumaseu!" klingt, und Ji Yeon malt mir diese Schriftzeichen auf ein Blatt Papier:
메리 크리스마스!
Gerade als ich in den Fahrstuhl steigen will, kommt Sun – das ist der Name der Frau – mir nach und sagt zu meiner nicht gerade kleinen Verblüffung: "Ich spreche Deine Sprache, aber sag' meinem Mann nichts davon. Es soll eine Überraschung für ihn sein! Frohe Weihnachten! - Meli keuliseumaseu!"
Frohe Wihnachten hette mir der Google Übersetzer schon verraten, bevor noch der ganze Text kam und da wusste ich schon, dass es um Jin und Sun gehen würde... ;-)
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