Fünfter Stock links
Diesen Mann kenne ich. Das ist George McCartney, die Posaune, Mitglied der Kellerband "The Buggles" und Duettpartner des Klaviers, also von John Harrison, der demnach im Apartment nebenan wohnen muss. Gerne erinnere ich mich an jene heißen Tage in Bromford in meinem ersten Sommer in der Stadt und wie mich ihre Musik auf der Dachterrasse zum Träumen gebracht hat. Wie konnte ich nur jemals glauben, die Klänge der Posaune kämen aus einem der Nachbarhäuser von gegenüber? Aber dass sie und das Klavier aus Wohnungen zehn Stockwerke unter mir kommen, konnte ich da auch noch nicht ahnen.
Ja, ja, die "Buggles" mit ihrem Übungskeller in diesem Haus mit den Eierkartons an den Wänden. Die "Imaginary Four" der Whitaker Lane. George und ich wissen nicht, wer zuerst diesen Namen trug – "The Buggles" – die Hobbygruppe der vier Frühsechziger oder jene One-Hit-Wonder-Band, die ihren einzigen Hit mit "Video Killed The Radio Star" Ende der Siebziger Jahre hatte.
"Wir haben uns 1970 so genannt", erzählt mir George mit einem rührseligen Grinsen im Gesicht und zeigt mir Schwarz-Weiß-Fotos von ihrem bislang einzigen öffentlichen Auftritt, ausgerechnet auf dem Dach dieses Hauses. "Du verstehst schon, wegen dieser anderen Band aus Liverpool, die sich da gerade getrennt hatte. So mit Anspielung auf Käfer und so…" Er seufzt voller Erinnerungen an diese vergangene und, in der Erinnerung verklärt, vielleicht sogar bessere Zeit.
Und da ist Olivia auf einem anderen Foto, seine viel zu früh verstorbene Ehefrau. Sie trägt ihren inzwischen erwachsenen Sohn Dahni auf dem Arm. Beide lachen breit und winken fröhlich in die Kamera. "Ja, der Dahni!" Wieder ein wehmütiges Seufzen. "Manchmal übernachtet er bei mir, wenn er in der Stadt ist."
Er habe früher viel und gern fotografiert, neben der Musik sein größtes Hobby, sagt er. Wenn er gekonnt hätte, wie er gewollt hätte, dann wäre er ein musizierender Fotograf geworden, immer auf Achse, immer auf der Suche nach neuen, aufregenden Motiven. "Aber dann kamen Frau und Kind. Die wilden Sechziger und Siebziger Jahre waren irgendwann vorbei. Und ich habe angefangen, in der Bank zu arbeiten."
Zu fotografieren gäbe es heute nicht mehr viel, sagt er. Reisen hätte er auch nicht viele gemacht. Paris sei sein bisher weitestes Ziel gewesen. "Aber als ich den Eiffelturm fotografiert und hinterher die Bilder entwickelt hatte, da sah der auch nicht besser aus als jeder x-beliebige Strommasten. Da wusste ich, dass die Fotografiererei nichts für mich ist. Und alles, was mir bleibt, ist die Musik einmal die Woche in Johns Keller."
Als ich ihn frage, warum er denn jetzt, da er im Ruhestand sei, die verpassten Reisen nicht nachhole, er sei doch noch fit und rüstig und noch nicht so alt, da winkt er ab und lacht. "Man wird alt, wenn die Leute sagen, dass man jung aussieht", sagt er tiefsinnig und zitiert damit einen beinahe siebzigjährigen deutschen Entertainer.
Er macht mich irgendwie traurig und darum verspreche ich ihm beim Abschied, nächsten Sonntag mal wieder bei einer Probe der "Buggles" im Keller dieses Hauses vorbeizuschauen.
Diesen Mann kenne ich. Das ist George McCartney, die Posaune, Mitglied der Kellerband "The Buggles" und Duettpartner des Klaviers, also von John Harrison, der demnach im Apartment nebenan wohnen muss. Gerne erinnere ich mich an jene heißen Tage in Bromford in meinem ersten Sommer in der Stadt und wie mich ihre Musik auf der Dachterrasse zum Träumen gebracht hat. Wie konnte ich nur jemals glauben, die Klänge der Posaune kämen aus einem der Nachbarhäuser von gegenüber? Aber dass sie und das Klavier aus Wohnungen zehn Stockwerke unter mir kommen, konnte ich da auch noch nicht ahnen.
Ja, ja, die "Buggles" mit ihrem Übungskeller in diesem Haus mit den Eierkartons an den Wänden. Die "Imaginary Four" der Whitaker Lane. George und ich wissen nicht, wer zuerst diesen Namen trug – "The Buggles" – die Hobbygruppe der vier Frühsechziger oder jene One-Hit-Wonder-Band, die ihren einzigen Hit mit "Video Killed The Radio Star" Ende der Siebziger Jahre hatte.
"Wir haben uns 1970 so genannt", erzählt mir George mit einem rührseligen Grinsen im Gesicht und zeigt mir Schwarz-Weiß-Fotos von ihrem bislang einzigen öffentlichen Auftritt, ausgerechnet auf dem Dach dieses Hauses. "Du verstehst schon, wegen dieser anderen Band aus Liverpool, die sich da gerade getrennt hatte. So mit Anspielung auf Käfer und so…" Er seufzt voller Erinnerungen an diese vergangene und, in der Erinnerung verklärt, vielleicht sogar bessere Zeit.
Und da ist Olivia auf einem anderen Foto, seine viel zu früh verstorbene Ehefrau. Sie trägt ihren inzwischen erwachsenen Sohn Dahni auf dem Arm. Beide lachen breit und winken fröhlich in die Kamera. "Ja, der Dahni!" Wieder ein wehmütiges Seufzen. "Manchmal übernachtet er bei mir, wenn er in der Stadt ist."
Er habe früher viel und gern fotografiert, neben der Musik sein größtes Hobby, sagt er. Wenn er gekonnt hätte, wie er gewollt hätte, dann wäre er ein musizierender Fotograf geworden, immer auf Achse, immer auf der Suche nach neuen, aufregenden Motiven. "Aber dann kamen Frau und Kind. Die wilden Sechziger und Siebziger Jahre waren irgendwann vorbei. Und ich habe angefangen, in der Bank zu arbeiten."
Zu fotografieren gäbe es heute nicht mehr viel, sagt er. Reisen hätte er auch nicht viele gemacht. Paris sei sein bisher weitestes Ziel gewesen. "Aber als ich den Eiffelturm fotografiert und hinterher die Bilder entwickelt hatte, da sah der auch nicht besser aus als jeder x-beliebige Strommasten. Da wusste ich, dass die Fotografiererei nichts für mich ist. Und alles, was mir bleibt, ist die Musik einmal die Woche in Johns Keller."
Als ich ihn frage, warum er denn jetzt, da er im Ruhestand sei, die verpassten Reisen nicht nachhole, er sei doch noch fit und rüstig und noch nicht so alt, da winkt er ab und lacht. "Man wird alt, wenn die Leute sagen, dass man jung aussieht", sagt er tiefsinnig und zitiert damit einen beinahe siebzigjährigen deutschen Entertainer.
Er macht mich irgendwie traurig und darum verspreche ich ihm beim Abschied, nächsten Sonntag mal wieder bei einer Probe der "Buggles" im Keller dieses Hauses vorbeizuschauen.
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