Vierter Stock links
Haben die Nummern und die Bewohner der Apartments etwas miteinander zu tun? Ich lasse gerade noch einmal die Bewohner vor meinem geisteigen Auge Revue passieren. Wen habe ich denn inzwischen alles getroffen auf meiner "Vorstellungsrunde"? Zwei ältere Damen, einen offensichtlich alkoholabhängigen Piloten, ein mysteriöses südländisches Ehepaar, einen modernen Naturburschen auf Survival-Trips und einen französischen Adeligen. Das wievielte Apartment ist das hier? Das siebte.
Kennt jemand den Film "Sieben" von Regisseur David Fincher? Den mit Brad Pitt, Morgan Freeman und der armen Gwyneth Paltrow? Wird mich jetzt in Apartment Nummer 7 ein Serienmörder erwarten, der sich seine Opfer und Mordmethoden anhand der sieben Todsünden aussucht? Wundern würde es mich nicht.
"Samantha Somerhalder" steht auf dem goldenen Türschild unter dem fischigen Glotzauge des Türspions. Ich klopfe an. Eine strenge Frau mit einer steifen Hochsteckfrisur in einem braun-grauen Kostüm öffnet mir. Sie wirkt verhärmt und irgendwie vertrocknet, ist aber auf den zweiten Blick kaum älter als ich, geht also stark auf die Ende dreißig zu.
Aber diese Frau kenne ich. Ist das nicht die Lehrerin, die auf dem Bärenpark Picknick mit ihrer dritten Grundschulklasse den Pinguintanz aufgeführt hat? Ob sie sich von dem Schrecken mit dem Eisbären erholt hat? Irgendwie sieht es nicht danach aus.
"Hallo, mein Name ist Bromford Bibble, und ich bin seit über einem Jahr Bewohner des Penthouses auf dem Dach dieses Gebäudes. Ich wollte mich nun endlich einmal offiziell bei meinen Nachbarn vorstellen!" trage ich meinen Standardspruch vor und versuche dabei, möglichst gewinnend zu lächeln.
Sie betastet den Dutt an ihrem Hinterkopf und zieht ihren Rock gerade und glatt, obwohl er zuvor nicht wirklich krumm oder faltig gewesen wäre. "Das ist aber nett von Ihnen, sich vorzustellen!" verkündet sie. "Von den meisten Nachbarn erfährt man erst, dass sie auch hier gewohnt haben, wenn sie schon längst wieder ausgezogen sind. Aber ich habe im Moment leider so gar keine Zeit!"
Dann murmelt sie noch etwas von Gemeinschaft stärken und Personalisierung der Wohnumgebung und wühlt dabei in einem Haufen Zeitungen auf ihrer Garderobe. Schließlich zieht sie einen bunten Zettel hervor und überreicht ihn mir. Er ist mit handgemalten Kerzen und Tannenzweigen verziert, offensichtlich von kleinen Kinderhänden.
"Besuchen Sie uns doch im Gemeindezentrum der Bromford Kathedrale zu unserem alljährlichen Krippenspiel. Dieses Jahr haben meine dritte Grundschulklasse und ich uns wirklich etwas Zauberhaftes einfallen lassen! Aber nun muss ich weg! Einen schönen Tag noch."
Sie zögert kurz, wirft sich dann einen Wintermantel über und schließt hinter uns ihre Wohnungstür ab. Auf dem Weg zum Fahrstuhl knöpft sie den Mantel nicht zu. Als sie bemerkt, dass ich den Aufzug nehmen werde, geht sie einige Schritte zur Seite und nimmt die Treppe. Wieder zögert sie, und erst als sie hört, wie sich die Fahrstuhltüren hinter mir schließen, setzt sie sich wieder in Bewegung. Durch die gläsernen Schlitze in den Seiten der Kabine sehe ich, dass sie nicht nach unten geht in Richtung Ausgang sondern nach oben steigt. Und löst sie dabei tatsächlich ihre strenge Hochsteckfrisur und zerzaust sich ihr langes, ergrauendes Haar?
Haben die Nummern und die Bewohner der Apartments etwas miteinander zu tun? Ich lasse gerade noch einmal die Bewohner vor meinem geisteigen Auge Revue passieren. Wen habe ich denn inzwischen alles getroffen auf meiner "Vorstellungsrunde"? Zwei ältere Damen, einen offensichtlich alkoholabhängigen Piloten, ein mysteriöses südländisches Ehepaar, einen modernen Naturburschen auf Survival-Trips und einen französischen Adeligen. Das wievielte Apartment ist das hier? Das siebte.
Kennt jemand den Film "Sieben" von Regisseur David Fincher? Den mit Brad Pitt, Morgan Freeman und der armen Gwyneth Paltrow? Wird mich jetzt in Apartment Nummer 7 ein Serienmörder erwarten, der sich seine Opfer und Mordmethoden anhand der sieben Todsünden aussucht? Wundern würde es mich nicht.
"Samantha Somerhalder" steht auf dem goldenen Türschild unter dem fischigen Glotzauge des Türspions. Ich klopfe an. Eine strenge Frau mit einer steifen Hochsteckfrisur in einem braun-grauen Kostüm öffnet mir. Sie wirkt verhärmt und irgendwie vertrocknet, ist aber auf den zweiten Blick kaum älter als ich, geht also stark auf die Ende dreißig zu.
Aber diese Frau kenne ich. Ist das nicht die Lehrerin, die auf dem Bärenpark Picknick mit ihrer dritten Grundschulklasse den Pinguintanz aufgeführt hat? Ob sie sich von dem Schrecken mit dem Eisbären erholt hat? Irgendwie sieht es nicht danach aus.
"Hallo, mein Name ist Bromford Bibble, und ich bin seit über einem Jahr Bewohner des Penthouses auf dem Dach dieses Gebäudes. Ich wollte mich nun endlich einmal offiziell bei meinen Nachbarn vorstellen!" trage ich meinen Standardspruch vor und versuche dabei, möglichst gewinnend zu lächeln.
Sie betastet den Dutt an ihrem Hinterkopf und zieht ihren Rock gerade und glatt, obwohl er zuvor nicht wirklich krumm oder faltig gewesen wäre. "Das ist aber nett von Ihnen, sich vorzustellen!" verkündet sie. "Von den meisten Nachbarn erfährt man erst, dass sie auch hier gewohnt haben, wenn sie schon längst wieder ausgezogen sind. Aber ich habe im Moment leider so gar keine Zeit!"
Dann murmelt sie noch etwas von Gemeinschaft stärken und Personalisierung der Wohnumgebung und wühlt dabei in einem Haufen Zeitungen auf ihrer Garderobe. Schließlich zieht sie einen bunten Zettel hervor und überreicht ihn mir. Er ist mit handgemalten Kerzen und Tannenzweigen verziert, offensichtlich von kleinen Kinderhänden.
"Besuchen Sie uns doch im Gemeindezentrum der Bromford Kathedrale zu unserem alljährlichen Krippenspiel. Dieses Jahr haben meine dritte Grundschulklasse und ich uns wirklich etwas Zauberhaftes einfallen lassen! Aber nun muss ich weg! Einen schönen Tag noch."
Sie zögert kurz, wirft sich dann einen Wintermantel über und schließt hinter uns ihre Wohnungstür ab. Auf dem Weg zum Fahrstuhl knöpft sie den Mantel nicht zu. Als sie bemerkt, dass ich den Aufzug nehmen werde, geht sie einige Schritte zur Seite und nimmt die Treppe. Wieder zögert sie, und erst als sie hört, wie sich die Fahrstuhltüren hinter mir schließen, setzt sie sich wieder in Bewegung. Durch die gläsernen Schlitze in den Seiten der Kabine sehe ich, dass sie nicht nach unten geht in Richtung Ausgang sondern nach oben steigt. Und löst sie dabei tatsächlich ihre strenge Hochsteckfrisur und zerzaust sich ihr langes, ergrauendes Haar?
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