Tuesday, December 09, 2014

Das Geheimnis von Bromford - Teil 9


"Speedy ist weg", sagt das Lama

"Wer?" frage ich.

"Na, Speedy, der kleine, mausartige Mexikaner mit dem ausladenden Schnurrbart und dem Sombrero. Der Besitzer und Betreiber von Speedy's Bar & Café unten im Haus. Wo wir neulich erst wieder Essen waren!"

"Und woher weißt Du das?" frage ich.

"Von Schmierlock Halmes, dem langen, blässlichen Kellner, der uns neulich im Mantel bedient hat", sagt das Lama.

"Der mit dem hochgeschlagenen Kragen?" frage ich.

Das Lama nickt.

Wir nehmen den Fahrstuhl hinunter ins Erdgeschoss, stehen dann lange auf dem Bürgersteig gegenüber der Whitaker Lane 666 und betrachten die rot-weiße Markise vor dem dunklen Café im Souterrain des Hauses.

SPEEDY'S
S_NDWICH B_R & C_FÉ
BRE_KF_ST • LUNCH • P_ST_

Irgendwie wird dem Haus und der Straße irgendwas fehlen, wenn das Café dicht hat, denke ich. Und irgendwie fehlt der Markise schon jetzt irgendwas.

"Schmierlock sagt", sagt das Lama, "Speedy hat neulich Nacht zur Sperrstunde plötzlich seinen Sombrero und sein Halstuch mitten ins Lokal geworfen und gebrüllt: Macht euern Scheiß doch alleine. Dann ist er nie wieder aufgetaucht. Schmierlock hat noch die letzten Reste serviert und ausgeschenkt, bis er mir dann heute morgen die Schlüssel in die Hand – oder besser ins Maul –gedrückt hat und ebenfalls verschwunden ist."

"Traurig", sage ich.

"Ja, ne?" sagt das Lama. "Irgendwie wird dem Haus und der Straße irgendwas fehlen, wenn das Café dicht hat."

Liest das Tier schon wieder meine Gedanken?

"Aber ich habe da eine Spitzenidee!"

Ich hasse es, wenn das Tier sowas sagt.

"Was würdest Du davon halten, mit mir zusammen ins Gastronomie-Gewerbe einzusteigen?"

"Ich?" frage ich.

Das Lama nickt.

"Soll?" frage ich.

Das Lama nickt.

"Mit?" frage ich.

Das Lama nickt.

"Dir?" frage ich.

Das Lama nickt.

"Ein?" frage ich.

Das Lama nickt.

"Café?" frage ich.

Das Lama nickt.

"Führen?" frage ich.

Das Lama nickt.

"Dazu habe ich doch überhaupt keine Zeit!" sage ich

"Warum?" murrt das Lama. "Du tust doch den ganzen Tag nichts. Wovon lebst Du eigentlich? Mit diesem BlogBlock verdienst Du schon mal kein Geld. Und ich glaube auch nicht, dass man Dich fürs Rumsitzen und Filmeschauen bezahlt."

"Weißt Du", sage ich, "wie Du Dich sicher erinnerst, bin ich eigentlich eines der mächtigsten magischen Tierwesen, das die Zaubererwelt je gesehen hat: ein metamorph-magischer Biber, der seine Farbe ändern kann. Außerdem kann ich ganz gut von den Tantiemen leben."

"Was denn für Tantiemen?" will das Tier wissen.

Also erkläre ich: "Weißt Du, mein Vater war Musiker. Und er hat da dieses Weihnachtslied geschrieben. Diesen Hit. Nur diesen einen. Ein echtes One-Hit-Wonder. Irgendwas über Santa und einen Superschlitten. Ich kann es nicht mehr hören, aber manchmal spielen sie es schon im September in den Kaufhäusern. Aber mir soll es recht sein. Jedes Mal, wenn sie es spielen, klingelt es bei mir in der Kasse. Selbst Schulklassen müssen dafür blechen, wenn sie es bei ihren Weihnachtsfeiern singen wollen. Vielleicht war es auch irgendwas mit Last Christmas. Letzte Weihnachten, weißt Du."

Das Lama schüttelt den Kopf.

"Du bist ein Spinner, Bromford Bibble. Du bist kein Biber. Und Du bist nicht Will Freeman und ich bin nicht Marcus. Und das hier ist nicht About A Boy!"

"Dann ist heute nicht Der Tag der toten Ente?" frage ich. "Schade! Aber das Geheimnis von Bromford wird in sechzehn Tagen enthüllt werden?"

"Auch das beginne ich allmählich zu bezweifeln", murrt das Tier, während mein Blick träumerisch in die Ferne schweift.

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