Thursday, December 22, 2011

Three Days left to go…

Lied des Tages… Forty-Eight Twenty-Three Twenty-Second Street – The Fiery Furnaces
CD des Tages… Men And Women – Simply Red (erworben am 22. Dezember 1994)


Das Lama zieht seinen Notizblock aus seinem Beutel, den es wie immer über seiner Schulter trägt, und reißt das erste Blatt ab.

"Gib' zu", raunzt es mich an, "das mit dem Beutel hast Du nur erfunden, damit es nicht auffällt, solltest Du mich im Eifer des Gefechts einmal mit dem kommunistischen Känguru verwechseln und von meinem Beutel schreiben!"

Ich gehe nicht darauf ein und gebe stattdessen ein Handzeichen, um es zum Fortfahren zu animieren.

"Diane", sagt das Lama. "Es ist Donnerstag, der 22. Dezember, und wir befinden uns gerade direkt vor dem Eingang eines riesigen Heckenlabyrinths im Park hinter dem Great Northern Hotel. Es ist kalt, die vier Meter hohen Buchsbaumwände sind mit Raureif überzogen, aber bislang ist noch kein Schnee gefallen!"

"Das Hotel heißt North Cothelstone Hall", berichtige ich das Lama und mache es gleichzeitig darauf aufmerksam, dass das ein Notizblock ist, in den es da gerade spricht und kein Diktiergerät.

"Wer benutzt heutzutage schon noch Magnetbandaufzeichnungen? Digital ist besser, glaub' mir!" prustet das Tier und fährt dann ungerührt fort: "Diane, das Shining-Hotel hat wirklich eine beeindruckende und wohlgepflegte Parkanlage. Die Buchsbaumwände sind senkrecht und glatt und im Zentrum des Irrgartens hockt eine putzige Gruppe von Heckenskulpturen in Tiergestalten.
Zwei Löwen bewachen den Weg. Ein Kaninchen hockt auf den Hinterbeinen und wird dabei von einem Hund belauert. Und ein Büffel grast friedlich daneben."

"Das ist ja wie bei Edward mit den Scherenhänden", denke ich laut.

"Edward wer?" fragt das Lama.

"Keine Ahnung", sage ich, denke aber gleichzeitig: "So ein Depp, dieser Johnny!"
"Mir persönlich würden ja Giraffen, Elefanten, Eisbären und Nashörner besser als Heckenskulpturen gefallen", sage ich wieder laut.

"Die hast Du jetzt aber aus dem Dekorationsmenü von diesem Zoo-Computerspiel!" trumpft das Lama auf.

"Übrigens, das Hotel, von dem Du da gerade gesprochen hast", werfe ich genervt ein, "heißt nicht The Shining. Das heißt Overlook-Hotel. Aber wir befinden uns immer noch im Park des Hotels North Cothelstone Hall auf Kirren Island!"

"Püh!" macht das Lama und äfft mich mit einer tonlosen Grimasse nach.

"Würdest Du jetzt bitte berichten, was Deine Recherchen ergeben haben?" frage ich betont höflich.

"Recherchen?" plustert sich das Tier auf. "Bin ich etwa Bob Andrews? Bin ich der dritte Detektiv und zuständig für Recherchen und Archiv?" Dann blättert es doch die Seite in seinem Notizblock um.

"Der Mörder ist immer der Gärtner!" verkündet es. "Nich Jackolson hat schon mal einen ganzen Winter eingeschneit mit seiner Frau und seinem kleinen Sohn als Hausmeister in diesem Hotel verbracht. Darüber ist er leider wahnsinnig geworden und schließlich bei einer Kesselexplosion, die das ganze Hotel zerstört hat, ums Leben genommen. Er ist erfroren, oder so. Das hat er Lady Heskethcue nie verziehen, deshalb die Morddrohungen."

Ich seufze. "Bisher suchen wir noch keinen Mörder", meine ich. "Außerdem heißt unsere Auftraggeberin Hesketh-Fortescue. Und Du bist irgendwie im völlig falschen Film."

Mein Blick fällt auf die beiden majestätischen Heckenlöwen, die sich mit ihren durch Licht und Schatten angedeuteten Gesichtern gegenseitig huldvoll zuzunicken scheinen.

"Im falschen Film, im falschen Film", grummelt das Lama halblaut, während es die nächste Seite im Notizblock umblättert.
"Dann ist der Täter eben der Butler, Kingen Steph, der sich diesen ganzen Quark hier ausgedacht hat", plärrt es schließlich.

"Der Butler hat, wie alle Angestellten, Urlaub und ist weit, weit weg von Insel und Hotel", halte ich dagegen. "Außerdem weiß ich nicht, ob es den Posten eines Butlers in einem Sternehotel wie diesem überhaupt gibt oder ob man den Job nicht irgendwie anders nennt. Portier oder Hausdame oder so…"

"Haussklave vielleicht", murrt das Lama vor sich hin. "Doofe Dienstleistungsbranche!"

"Außerdem verdrehst Du alles, vor allem die Namen!" fahre ich fort.

"Diane, ich spüre negative Schwingungen", diktiert das Tier in seinen Block.

Nachdem wir eine Weile weiter über das gefrorene Gras im Inneren des Heckenlabyrinths geschritten sind, schreit das Lama plötzlich auf:
"Der Täter ist der Chauffeur! Wusstest Du übrigens, dass dieser Bernhard-Viktor Christoph von Bülow der Exmann von Lady Fortesketh ist?"

"Die Dame heißt Hesketh-Fortescue", wiederhole ich zum wiederholten Male. "Und von wem sprichst Du? Von Vicco von Bülow?"

"Keine Ahnung, welchen Spitznamen die Lady für ihn benutzt oder benutzt hat, aber dieser von Bülow ist der Chauffeur des Hauses, der sowohl die Familie fährt, als auch die Hotelgäste in Bromford vom Schiff, vom Flughafen oder vom Bahnhof abholt und sie zur Fähre fährt", besteht das Lama auf seiner Behauptung.

"Das kann nicht sein", sage ich und werde leicht wehmütig. "Loriot? Der ist doch dieses Jahr verstorben und war ein großartiger, deutscher Humorist, Karikaturist und Satiriker und ganz bestimmt kein Chauffeur!"

"Lori-was?" fragt das Lama und knabbert dabei auf seinem Bleistift herum.

"Loriot – französisch für Pirol. Das ist der Künstlername von Vicco von Bülow und außerdem der gelb-schwarze Wappenvogel der brandenburgischen Familie von Bülow!"

"Das hast Du Dir ausgedacht!" mault das Lama. "Eine gelb-schwarze Koalition mit einer Mehrheit an Gelb ist ein Hirngespinst. Außerdem gibt es diesen gelb-schwarzen Vogel genauso wenig wie die Stadt Bielefeld."

"Mag sein", räume ich ein, weil ich noch nie einen Pirol in freier Wildbahn gesehen habe", aber nur weil ich mir bei Loriot ein paar Namen geborgt habe, musst Du ihn nicht als Verdächtigen in diese Geschichte zerren!"

"Weißt Du was?" fragt das Lama kauend und schluckend, denn es hat gerade nach dem Bleistift auch noch den Notizblock gefressen. "In Funk, Fernsehen und auffe Butterfahrten würde jetzt irgendwas passieren."

"Was meinst Du damit?" frage ich vorsichtig und weiche dem Schwanz des Buchsbaumbüffels aus.

"Entweder würden wir jetzt die Leiche von Lady Hescue finden, weil der Drohbriefer seine Drohbriefdrohungen inzwischen wahr gemacht hat. Oder wir würden sie gerade noch rechtzeitig retten, indem wir herausfinden, wer die Briefe geschickt hat. Oder wir würden herausfinden, dass sie sich die Briefe selber geschickt hat, weil sie so allein ist oder unter allen Umständen ihr Vermögen wiederhaben will."

"Sie heißt Lady Hesketh-Fortescue", murmele ich, aber im Grunde ist es mir auch schon egal.

"Und in einem David-Lynch-Film würden wir jetzt vermutlich die Körper tauschen und mit einem Zwerg und einem weißen Pferd neben der Leiche eines jungen, hübschen Mädchens zu düsterer Jazzmusik Tango tanzen", nickt das Lama und fährt fort:
"Am besten David Lynch verfilmt eine Romanvorlage von Stephen King und Jack Nicholson spielt die Hauptrolle!"

"Wovon redest Du eigentlich?" frage ich müde, während eine blasse Wintersonne aus dem Meer auftaucht.

"Keine Ahnung", raunt das Lama, "aber sieh mal zu, wie Du da wieder rauskommst!"


Lieber gut geklaut als schlecht erfunden.
Al Ter Besser-Wisser

2 comments:

  1. * Hallo, liebe Leser,

    wer herausfindet, auf welche Bücher, Filme und Personen des öffentlichen Lebens sowie sonstige Errungenschaften der Popkultur in diesem BlockBlogBeitrag alles angespielt wird, ist gut und bekommt ganz bestimmt keinen Hauptgewinn.

    Das ist doch alles nur geklaut!

    Schreibst Du eigentlich schon an Deiner Doktorarbeit, Bromford "KT von und zu" GuttenBibbleBerg?

    Das Lama (BlogLeser-Beauftragter)

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