Monday, October 29, 2012

Lebensgeschichten…


"Wo warst Du letzte Woche, Alter? Warum tanzt Du plötzlich aus der Reihe?" brüllt das Lama aus dem Wohnzimmer. "Du hast zwei Termine verpasst. Und was heißt hier überhaupt… Und von einem Lama keine Spur…? Ich bin doch genau da oder hier, wo ich immer war oder bin, nämlich genau hier!"

Ich schweige mich aus und koche weiter mein Wasser für meinen Nachmittagstee.

"Es liegt ganz bestimmt an dieser unheimlichen Zeitverschiebung", mutmaßt das Tier weiter lautstark, "diese Zeit, die einfach so von Sommer auf Winter umgestellt wird und dabei einfach den Herbst überspringt. Dabei haben wir doch noch Herbst und keinen Winter, oder etwa nicht?"

Der Wasserkocher rauscht und zischt und dampft und ist von innen beleuchtet. Ich schaue fasziniert dabei zu, wie zuerst kleine, dann immer größere Luftbläschen darin aufsteigen.

"Oder es sind ganz einfach nur die Rosinen in Deinem Kopf, Alter!"

Jetzt reicht es mir aber doch.

"Zwei Apfelsinen im Haar
und an den Hüften Bananen
das trägt Rosita seit heut'
zu einem Kokosnusskleid",

singe ich laut und falsch aus der Küche.

"Für wen hältst Du mich? Josephine Baker, oder was?!" brülle ich noch hinterher.

"Ist ja schon gut", versucht das Lama zu beschwichtigen. "Ich meine ja nur. Außerdem habe ich Dich doch ins Penthouse zurückgelassen und zugegeben, dass es ganz allein Dir gehört. Ich bin hier nur der Gast. Und Kate Hudson hat hier gar nichts zu sagen. Sie ist nicht meine Therapeutin und Deine auch nicht. Und sie ist nicht unsere Haushälterin und auch nicht unsere Vermieterin. Wie wäre es, wenn Du einfach den Bud-Spencer-Film mitbringst, den Du schon so lange sehen wolltest, und wir machen uns einen netten, versöhnlichen Nachmittag auf der Couch?"

Ich gieße das heiße Wasser auf den Teebeutel in meinem Becher mit dem Aufdruck:

Wer morgens ZERKNITTERT aufwacht,
kann sich tagsüber besser ENTFALTEN!

und schlurfe auf Socken ins Wohnzimmer hinüber.

"Ich glaube, Du verwechselt da etwas. Ich mag keine Bud-Spencer-Filme. Und Terence-Hill-Filme mag ich auch nicht. Und schon gar keine Bud-Spencer-und-Terence-Hill-Filme. Und Du übrigens auch nicht. Ich bin nicht Marc-Uwe Kling und Du bist nicht das kommunistische Känguru! Du bist doch höchstens das lahme Lama, wenn Du mich fragst!"

"Wenn schon, dann will ich das lasterartige Lama sein", schmollt das Tier. "Aber von mir aus, schmeiß doch eine von Deinen heißgeliebten Space-Operas in den Player. Trek Wars oder War Stars oder Dancing With The Stars oder so was. Wenn Du magst schmeiße ich mich dann auch in meine schwarzen Leggins und mein langes, schwarzes Cape und setze meinen schwarzen Sturzhelm auf. Dann krame ich mein altes Walkie-Talkie raus und rufe Dir mit heiserer Stimme zu:

Ich bin Dein Vater!"

"NEIN! DAS IST NICHT WAHR! NIEMALS!" schreie ich. "Da schneide ich mir lieber selber die Hand mit dem Laserschwert ab und stürze mich freiwillig in den Lüftungsschacht irgendeiner Wolkenstadt!"

"Oder so. Wenn Du meinst, Alter!" Das Lama zuckt gleichgültig die Schultern. "Solange Du Dich nicht mehr von irgendwelchen alternden Möchtegernmusikern aus dem Haus runterziehen lässt."

"Wusstest Du, dass die Buggles sich getrennt haben?" frage ich und nippe an meinem Tee.

"Ja, aber doch schon 1970. Wegen künstlerischer Differenzen und einer nordkoreanischen Performance-Künstlerin namens Oko Yono!"

"Na, dann", sage ich. "Und es muss lasterhaft heißen, nicht lasterartig, finde ich."

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