"Na, wie läuft es?" fragt das Lama.
Es trägt aus mir völlig unbegreiflichen und schleierhaften Gründen wieder das Klempnerkostüm mit dem künstlichen Schnurrbart, das es schon einmal ganz zu Beginn unserer Bekanntschaft getragen hat.
"Weißt Du, Bibble, seit letztem Dienstag fühle ich mich irgendwie wie befreit, regelrecht erlöst. Ich weiß auch nicht, woran das liegen könnte."
Ich murmele einige derbe Verwünschungen vor mich hin und schlinge meine Arme enger um meinen Oberkörper. Mir ist kalt, und ich komme mit dem Zittern nicht hinterher. Oder wie man so schön sagt:
Ich kann gar nicht so schnell zittern, wie ich friere.
"Warum klapperst Du eigentlich so laut mit den Zähnen? Muss das sein? Gefällt es Dir nicht in meiner Wohnung?"
Ich schaue mich ungläubig in Apartment vierundzwanzig um. Es sieht in meinen Augen immer mehr wie die Nachbildung eines alten, griechischen Tempels aus kaltem, weißem Marmor aus. Ein antikes Heiligtum ohne erkennbare Decke, das nur aus langen, kahlen Gängen zu bestehen scheint.
"Wenn Du hier schon in Latzhose rumläufst", knurre ich, "kannst Du wenigstens die Heizung wieder in Ordnung bringen."
Das Lama hebt eine der Marmorplatten in der Eingangshalle und verschwindet mit seinem Werkzeugkasten einige Stufen hinunter, die es eigentlich gar nicht geben dürfte. Nach kurzer Zeit dringen hämmernde und schraubende Laute zu mir herauf.
"Was ist eigentlich aus den Wolken geworden?" ruft das Tier mir zu. "Und wer hat die Schwerkraft wieder eingeschaltet?"
"Welche Wolken? Welche Schwerkraft?" antworte ich genervt.
"Erinnerst Du Dich nicht mehr an Weihnachten vor zwei Jahren?" ruft das Tier. "An Deine Vorstellungstour durch alle Apartments in diesem Haus? An den langhaarigen Hippie-Typen mit dem Gottkomplex aus dieser Wohnung hier und damit an meinen Vorbesitzer?"
Ich schlottere immer noch und zucke heftig zusammen, als dem Lama in seinem Loch irgendetwas laut scheppernd zu Boden fällt.
"Wer soll denn das gewesen sein? Lando Calrissian?" presse ich zwischen den Zähnen hervor. "Das hier ist doch schließlich nicht die Wolkenstadt im Orbit um den Planeten Bespin!"
"Oh, Du bist nur halb so originell, wie Du denkst, mein alter Freund", trällert das Lama fröhlich. "Ich weiß genauso gut wie Du, wer dieser Lando ist. Ich muss das ganz bestimmt nicht erst googeln!"
Unter mir wird etwas mit einem lauten Quietschen über den Fußboden gezogen, woraufhin das Lama laut schnauft und keucht.
"Wann wurde eigentlich das Googeln zum Synonym für jegliche Suche im Internet?" fragt das Tier leicht zerstreut.
"Mir doch egal!" grolle ich. "Mich interessiert viel mehr die Frage, wann ich endlich wieder in mein Penthouse zurückkehren kann! Und die Antwort darauf finde ich garantiert nicht im Zwischennetz!"
Lamaschritte auf den Marmorstufen. Zuerst wuchtet es klirrend den Werkzeugkasten aus dem Loch. Dann hüpft es selbst federnd heraus, bevor es die schwere Marmorplatte mit einem dumpfen Knall zurück über die Öffnung fallen lässt.
"Weißt Du", säuselt das Tier, "meine Therapeutin, Kate Hudson, findet, dass ich sichtlich Fortschritte gemacht habe. Seit ich mir selber eingestehe, dass Du nur eine Einbildung, eine Halluzination bist, sei ich wie verwandelt. Ruhig, ausgeglichen, ganz bei mir selbst. Ich denke, diese Besserung sollten wir nicht dadurch gefährden, dass Du wieder im Penthouse herumhängst."
Ich grolle still in mich hinein. Ich denke an meine vergeblichen Versuche in den letzten Tagen, zurück in meine Wohnung zu gelangen. An die Türschlösser, die das Tier hat auswechseln lassen. An die Schlüsselkarte für den Fahrstuhl, die es gesperrt und ausgetauscht hat. Und an das schallende Gelächter der Polizisten, als ich ihnen im Polizeirevier versucht habe zu erklären, ein durchgeknalltes Lama hätte meine Wohnung besetzt.
Ich seufze. Vielleicht hilft hier wirklich nur Abwarten und Teetrinken. Oder besser Glühwein bei den niedrigen Temperaturen in diesem Apartment.
"Okay", sage ich. "Ich lasse Dich noch eine Weile in Ruhe. Konntest Du wenigstens die Heizung in Ordnung bringen?"
"Ich habe eine schlechte Nachricht für Dich, Bromford Bibble!"
Das Lama ist schon halb aus Apartment vierundzwanzig verschwunden.
"In dieser Wohnung gibt es gar keine Heizung. Und fließend warmes Wasser auch nicht. Aber freu' Dich doch! Dafür haben sie die Schwerkraft wieder eingeschaltet."
Mit geschlossenen Augen schüttele ich den Kopf, während die Wohnungstür hinter dem Tier ins Schloss fällt. Tief durchatmen! Abwarten! Und Tee trinken!
MEHR GELASSENHEIT !!!
Lama verschollen im Zwischennetz…
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