es
geht nicht mehr,
dann
kommt von irgendwo
ein
Lichtlein her…
Oder
diese Mukke?
Wer
hat das nun wieder gesungen? Jan Delay in seinem Lied über die Hoffnung?
Mit
einem dumpfen Dröhnen trampelt eine ganze Elefantenstampede durch meinen Kopf.
Ich öffne mühsam die schweren Augenlider und blinzele in diesen Herrentag.
Ich
sehe doppelt: Zwei Lamas mit gespaltener Lippe, die sich mit großen, gelben
Zähnen grinsend über mich beugen. Ich blinzele erneut und bringe damit die
beiden Bilder meiner Augen zur Deckung. Nur ein Lama. Zum Glück!
"Alter!
Warst Du lange weggetreten! Zwei Tage, Alter! Seit Dienstag!"
Ich
grunze wehleidig, schließe die Augen wieder und lehne mich zurück in meine
Kissen.
"Was
wird das hier?" maule ich. "Und täglich grüßt das Murmeltier?"
"Nein,
und täglich grüßt das Lama hier!" pampt der Paarhufer zurück.
Mit
geschlossenen Augen betaste ich meinen Kopf, etwa an der Stelle, an der das
Dröhnen und Pochen am stärksten sind. Ich ertaste eine dicke, harte Beule.
"War
ja nett von Dir, dass Du den Scheinwerfer mit Deinem Schädel auffangen
wolltest, Alter, aber irgendwie auch unprofessionell", plappert das Lama
und zieht mir die Decke weg.
Ich
liege auf der Couch im Wohnzimmer meines Penthouses. Liege ich hier tatsächlich
schon seit Dienstag, seit meinem ungeplanten Besuch im Keller der Whitaker Lane
666?
"Tja,
ich weiß Deinen Einsatz ja zu schätzen, aber das Ergebnis war leider desaströs.
Der Scheinwerfer ist jedenfalls nicht mehr zu gebrauchen. Und die Kamera mit
dem Stativ hat er auch noch umgerissen. Die ist jetzt leider auch irgendwie
Schrott. Ich trage Dir aber nichts nach, Alter! Ich denke doch, Du hast eine
gute Haftpflichtversicherung!?"
Kerzengerade
schnelle ich in die Höhe.
"WAS?????"
will
alles in mir aufschreien, aber ein Schmerz in der Stirn wie von einem Schlag
mit einem großen Hammer zwingt mich zurück in eine liegende Position.
"Du
trägst mir nichts nach?" grummele ich. "Du gibst mir die Schuld, dass
dieser Scheinwerfer und diese Kamera jetzt kaputt sind?"
"Nun
ja", plaudert das Lama und sucht Schränke und Schubladen nach Essbarem ab.
"Da wäre immer noch diese Sache mit Besitz und Eigentum und der Frage,
welches von beidem stärker wiegt. Strenggenommen ist die ganze Fotoausrüstung
im Keller Dein Eigentum, denn ich habe sie mit Deiner EC-Karte bezahlt. Aber
wenn man solche Geräte monatelang benutzt und in Besitz hat, dann gewöhnt man
sich an sie, dann gewinnt man sie fast liebt. Und dann ist man enttäuscht und
traurig, wenn jemand daher kommt und sie einfach kaputt macht."
"Du
bist traurig? Du bist enttäuscht?" Erst jetzt sehe ich den Eisbeutel, der
auf dem Couchtisch griffbereit liegt. Ich nehme ihn und presse ihn mir an die
Stirn. "Traurig und enttäuscht?" Ich schüttele den Kopf. Kein
schmerzhafter Hammerschlag diesmal, nur ein leichtes Prickeln. "Wer hat
denn am Dienstag auf seiner panischen Flucht all diese Fotowände und
schließlich auch den Scheinwerfer und die Kamera umgeworfen? Wer hat sich denn
hier seit Januar im Keller versteckt und mich mit gefälschten Postkarten und
fingierten Telefonanrufen verarscht? Wer hat mir denn hier monatelang
vorgespielt, er, sie oder es sei auf Weltreise mit einem Schabrackentapir aus Wanne-Eickel?
UND WOHER KENNST DU EIGENTLICH DIE GEHEIMZAHL FÜR MEINE EC-KARTE???"
Das
Lama hat eine Tafel Schokolade, ein Vanilleeis am Stiel und mehrere Tüten Chips
gefunden und alles in Windeseile und beinahe restlos vertilgt.
"Also",
mampft es undeutlich. "Ich war nicht die ganze Zeit im Keller. Ab und an
bin ich auch hier herauf gekommen, wenn Du nicht da warst. Ich habe den
Großbildfernseher vermisst und das Badezimmer. Außerdem war da unten eine
Spinne von der Größe…" Es hockt sich auf die Hinterbeine und spreizt die
Vorderhufe so weit auseinander, wie es ihm möglich ist. "Und für Deine
EC-Karte hättest Du Dir aber wirklich eine bessere Geheimzahl ausdenken können!
Dein Geburtsdatum, also würglich!!! Und zu Schabracken fällt mir nur ein, dass
man zwischen innenliegenden und außenliegenden Schabracken unterscheiden muss:
Eine
innenliegende Schabracke ist ein glatter, versteifter, meist mit Stoff
bezogener Querbehang einer Fensterdekoration. Sie wird häufig an der
Gardinenschiene mit Klettband oder Nägeln befestigt. Ihre Unterkante kann in
verschiedenen Formen ausgeschnitten sein und mit einer aufgenähten oder
aufgebügelten Borte verziert werden. Die Schabracke kann aber auch aus dem
gleichen Stoff wie die seitlichen Dekoschals gefertigt werden. Die Schabracke
bildet einen oberen Abschluss und dient häufig zum Verdecken eines Sturzes oder
eines Rollladenkastens.
Außenliegende
Schabracken dienen zum Verdecken der hochgezogenen Jalousie. Sie sind häufig
aus ein- oder mehrfarbig bemaltem Blech.
Was
das alles mit einem Tapir zu tun haben soll, verstehe ich nun allerdings nicht
so ganz."
"Aufhören!
Aufhören!" jammere ich gequält.
"Und
wer oder was soll denn Wanne-Eickel sein? Zum Thema Wanne fällt mir nur die Badewanne
ein, die ich mir schon vor einer halben Stunde zu einem entspannenden und
erfrischenden Vollbad mit Pinien-Badeöl eingelassen habe und in die ich mich
nun begeben werde."
Mit
hocherhobener Nase und ebensolchem Schwanz trottet das Tier auf allen Vieren in
Richtung Badezimmer. In der Tür zum Flur dreht es sich noch einmal um.
"Hast
Du schon mal etwas von Fototapeten
gehört, Alter?" fragt es überheblich. "Da gibt es wundervolle Motive
von allen Sehenswürdigkeiten dieser Welt. Schon mal daran gedacht, die vier
Wände diese Wohnzimmers mit der Chinesischen Mauer zu verschönern?"
Für
einen Moment will ich das Lama mit meinem Eisbeutel erschlagen. Dann spiele ich
mit dem Gedanken, mir selbst damit die Luftzufuhr abzuschnüren. Nur um dann,
nachdem ich mich wieder in meine Decke gekuschelt habe, auch von diesem Plan
wieder Abstand zu nehmen.
Doch
bevor ich erneut in einen erhol- und heilsamen Schlaf sinken kann, ist das Lama
wieder in der Wohnzimmertür, eingehüllt in einen blauen Frotteebademantel mit
gelben Sternen.
"Ich
wünsche Dir noch einen schönen Himmelfahrtstag, und dass Du den Namen dieses
Feiertags nicht allzu wörtlich nehmen mögest, Alter!"
Wo
soll das alles hier nur enden?
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