Wednesday, July 31, 2013

Superkräfte…


"Um noch mal auf Deine angebliche Superkraft zurückzukommen…", beginnt das Lama.

"Ja?" frage ich vorsichtig.

"Also, dass Du Deinen Körper verlassen kannst", fährt das Tier fort, "das hat ja jetzt erst mal nichts mit körperlicher Kraft und Stärke zu tun. Ich meine, was soll es bringen, wenn Du buchstäblich neben Dir stehst? Wie soll das dazu beitragen, die Welt besser und sicherer zu machen?"

Ich räuspere mich.

"Ich betrachte meine Gabe eher als eine Kraft des Geistes und eines überragenden Intellekts!" erkläre ich. "Ein überlegener Verstand in einem gebrechlichen Körper. Ich sehe mich da eher in der Tradition von Professor Charles Xavier und Stephen W. Hawking."

"Himmel!" ruft das Lama aus. "Und da haben wir gleich zwei weitere Superkräfte!"

"Welche denn?" frage ich irritiert.

"Grenzenloser Größenwahn und sensationelle Selbstüberschätzung!"

Friday, July 26, 2013

When Heroes Go Down…


When heroes go down
They go down fast
So don't expect any time to
Equivocate the past

When heroes go down
They land in flame
So don't expect any slow and careful
Settling of blame

I heard you say
You look out for the feet of clay
That someone will be falling next
Without the chance
For last respects
You feel the disappointment

When heroes go down
Man or woman revealed
You can't expect any kind of mercy
On the battlefield

I heard you say
You look out for the feet of clay
That someone will be falling next
Without the chance for last respects
You feel the disappointment

When heroes go down
Man or woman revealed
Do you show any kind of mercy
On the battlefield?

When heroes go down

Suzanne Vega

Monday, July 22, 2013

Früher…


… oder später ziehen alle Helden ihre Strumpfhosen an.

"What?" fragt das Lama.

Sieh' an, denke ich, das Tier kann entgegen allen Beteuerungen doch Klingonisch.

"Ich sagte", sage ich, "früher oder später ziehen alle Helden ihre Strumpfhosen an."

"Oder aus", sagt das Lama. "Helden in Strumpfhosen? Ist das wirklich Dein Ernst? Soll das wirklich Dein Thema sein, alter Mann?"

"Warum denn nicht? Ist das denn kein Thema? Superkräfte und deren Einsatz zum Wohle der Menschheit? Aus großer Kraft folgt große Verantwortung? Der große Held, der bei Tag das unauffällige Leben einer Scheinidentität führt und bei Nacht in Kostüm und Maske das Leben in seiner Stadt etwas sicherer macht?"

"Aha", grunzt das Lama. "Und Du bist so ein Held? Nachts rettest Du Kätzchen und entflogene Papageien aus Bäumen und von Strommasten? Und tagsüber machst Du was? Arbeitest Du da als Reporter für den DAILY BLANET oder als Fotograph für den DAILY PUGLE?"

Ich antworte nicht. Das Tier nimmt mich irgendwie nicht ernst.

"Komm schon, alter Mann!" stichelt es weiter. "Wer ist Bromford Bibble? Der Held? Oder die Scheinidentität? Das Aushängeschild oder die Fassade? Und welche Art von Superheld bist Du eigentlich? Ein Held mit angeborenen Superkräften? Einer, den eine Mutation zu etwas Besonderem gemacht hat? Oder ein Unfall – etwa eine Explosion oder eine Vergiftung mit einer experimentellen Chemikalie? Oder bist Du der Multimillionär, der sich mit lauter Hightech-Spielzeug in seiner Fledermaus-Höhle versteckt und im schwarzen Latex-Anzug die Welt rettet? Was war noch mal Deine Superkraft, alter Mann?"

"Ich kann meinen Körper verlassen", murmele ich, "aber ich glaube, dieses Thema hatten wir schon mal. Und seit wann nennst Du mich eigentlich alter Mann?"

"Genau", sagt das Lama, "dieses Thema hatten wir schon mal. Und weil Du Dich inzwischen nicht nur selbst plakatierst sondern Dich auch noch ständig wiederholst, nenne ich Dich von nun an nur noch alter Mann. Außerdem solltest Du Deine Fähigkeit, Dich mit eventuell imaginären Kameloiden unterhalten zu können, nicht vergessen! Und wer ist Dein Kryptonit? Bei wem wirst Du schwach, Du Superheld?"

Muss ich mich eigentlich von meiner eigenen Halluzination, von meinem imaginären Begleiter veräppeln lassen?

"Und wer sind Deine Erzfeinde, Bromford, Du Held von Bromford? Kuh-Woman und der finstere Anlageberater?"

Marc-Uwe Kling und sein kommunistisches Känguru, denke ich, sage aber lieber nichts. Stattdessen singe ich nur leise vor mich hin: "But I can't do this all on my own. No, I know I'm no Superman…"

Das Lama antwortet mit einem lauten Seufzer und einem anderen Lied: "When heroes go down, they go down fast… You can't expect any kind of mercy on the battlefield…"

Saturday, July 20, 2013

Defekt…


"Tja", sagt der Mann in Arbeitslatzhose und reibt sich den schwarzen Schnurrbart, der aussieht wie eine Verkleidung. "Der Fahrstuhl ist dann wohl defekt."

Ach was, denke ich genervt. Dass der Fahrstuhl defekt ist, habe ich gemerkt, als ich eine gefühlte Woche darin zwischen der fünfzehnten Etage und dem Penthouse festgesteckt habe.

Der Mann klopft gegen die Metallschiebetür des Fahrstuhls, die sich direkt gegenüber der Eingangstür am anderen Ende des Flurs im Penthouse befindet.

Ha! Wir haben den Fahrstuhl eben nicht vergessen, Du Lamatier, denke ich und zucke bei jedem metallischen Pochen innerlich zusammen.

"Und Sie sind noch mal wer?" frage ich den Typen mit dem schwarzen Schnurrbart.

"Erinnern Sie sich nicht?" fragt der Typ und pocht jetzt völlig sinn- und nutzlos mit einem Gummihammer gegen die Schiebetür. "Ich bin doch Frank Chambers, der Hausmeister von Whitaker Lane 666, und noch immer der Meinung, dass dieser Fahrstuhl defekt ist."

"Und?" frage ich im Grunde wenig interessiert. "Können Sie ihn reparieren?"

"Tja", murmelt der Typ. "Das ist schwer zu sagen oder eine Frage des Könnens oder Wollens. Außerdem müsste ich Ihnen dazu erst mal auf 's Dach steigen!"

"Dann machen Sie es so", sage ich, wenig begeistert von der Vorstellung, auf unabsehbare Zeit täglich fünfzehn Stockwerke und unzählige Treppenstufen rauf und runter laufen zu müssen.

"Was macht eigentlich der Besitzer von Apartment 24 unter Ihnen?" fragt Hausmeister Frank.

"Sie meinen Doktor Hudson?" frage ich, mich fragend, was aus meiner Therapeutin, die nicht meine Haushälterin sein wollte, aber nicht meine Vermieterin war, geworden sein mag.

"Nein", brummt Hausmeister Frank. "Den kenne ich nicht. Wer soll das sein? Ich meine den langhaarigen Typen mit dem Vollbart und dem Brusthaartoupet und der animalischen Ausstrahlung."

Als ich ihn rat- und verständnislos anstarre, fragt er nur: "Wollten Sie nicht eine Sommerpause machen, Bromford Bibble?"

Dann steigt er mir auf das Dach des Penthouses, vielleicht um den Fahrstuhl zu reparieren, während ich mit aller Kraft und beiden Händen die Schiebteür aufreiße und in einen fünfzehn Stockwerke tiefen Abgrund starre, denn die Kabine und die Stahlseile, an denen sie gehangen hat und noch oben und unten gezogen wurde, sind verschwunden.

Ich schaue nach oben und rufe dem Penthouse-Dach zu: "Gondor hat keinen Hausmeister! Gondor braucht keinen Hausmeister!"

Und der Hausmeister namens Frank ruft in den Schacht hinunter: "Und Haustiere sind hier immer noch verboten!"

"Und wenn Du lange in einen Abgrund blickst, 
blickt der Abgrund auch in Dich hinein."

Friedrich Nietzsche

Sunday, July 14, 2013

Sommer...


Pause, denke ich. Vielleicht wird es mal Zeit für eine Pause. Und wenn ich mal Pause mache, dann wird es vielleicht endlich mal wieder Sommer. Sommerpause, halt, denke ich.

"Alter!" schreit die hysterische Stimme über mir. "Das kannst Du mir nicht antun! Dieser BlockBlog ist mein Leben, meine Existenz! Was wird aus mir, wenn Du einfach eine Pause machst?"

"Selber, Alter!" brülle ich aus meinem Metallkasten nach oben. "Du unterbelichtetes Trampeltier schaffst es ja noch nicht mal, mich aus diesem Fahrstuhl zu befreien. Seit drei Tagen hänge ich hier zwischen den Stockwerken fest und alles, was Du auf die Reihe kriegst ist in Panik zu geraten."

"Dann hast Du vielleicht recht, Alter!" Ist die Stimme jetzt etwas weiter entfernt vom Fahrstuhlausstieg da oben im Penthouse? "Vielleicht ist es wirklich Zeit für eine Pause. Und wenn Du ganz fest an sie denkst, lässt Dr. Hudson Dir vielleicht Essen und Nahrung in den Schacht hinunter."

Ähm...

"Was?" Die Stimme und ihr Besitzer entfernen sich eindeutig aus meiner Hörweite. Weg vom Fahrstuhlschacht. "Du fragst Dich, ob Deine Therapeutin überhaupt weiß, wo Du bist? Tja, das frage ich mich auch. Aber ich wünsche Dir trotzdem einen angenehmen Sommer und eine schöne Sommerpause. Bis zum Herbst, Bromford Bibble!"

Thursday, July 11, 2013

Stockholm – Teil 3…


Warum nur immer diese Trilogien?

Bumm. Bumm. Bumm.

Irgendwo über mir hämmert jemand dumpf gegen eine metallene Schiebetür.

"Bromford? Bromford Bibble?" ruft eine aufgeregte und besorgte Stimme. "Bist Du da drin?"

Um mich herum ein enger, quadratischer Raum, glatte, nackte Metallwände und eine flackernde Neonröhre über meinem Kopf.

Stockholm, denke ich. Setzt sich zusammen aus Stock und Holm. Ein Stock ist ein länglicher, massiver, zylindrischer, meist auch handhabbarer Gegenstand, gerne auch mal aus Holz. Eine Gehhilfe. Ein Stock sind die beiden beim Skat nicht gegebenen Karten. Ein Stock kann aber auch eine hölzerne Fessel sein, mit der man vor allem im Mittelalter Gefangene an der Flucht hindern wollte. Und ein Stock ist auch ein Stockwerk, eine Etage und ein Geschoss in einem Haus. Und vieles mehr.

Bumm. Bumm. Bumm.

"Nun sag doch was, Bromford!" Die Stimme wirkt nun leicht hysterisch.

Und was ist ein Holm, denke ich. Bezeichnet man so nicht stützende Teile von Balkentreppen oder Sprossenleitern? Oder Fahrzeugsäulen im Karosserieunterbau? Oder ein tragendes Bauteil eines Flugzeugflügels? Und was ist mit diesen meist parallelen Holzstangen am Barren, auf denen man aus unerfindlichen Gründen damals im Turnunterricht in der Schule auf den Oberarmen eine Rolle machen musste? Woher hat die schwedische Hauptstadt bloß ihren Namen?

"Bromford!" ruft die aufgeregte Stimme und hämmert noch immer gegen die geschlossene Schiebetür. "Wir haben den Fahrstuhl vergessen! Erinnerst Du Dich an den Fahrstuhl, Alter?"

Stock von Stock wie Baumstamm. Und Holm für kleine Insel. Und irgendwie ist das "H" ziemlich stimmlos. Stock'olm. So klingt es richtiger. So klingt es plausibler.

"Erinnerst Du Dich an den Fahrstuhl und an den kleinen, goldenen Schlüssel, den Du im Erdgeschoss in der Kabine in ein Schlüsselloch steckst?" Das Wummern hat aufgehört, und die Stimme ist leiser geworden. "Du drehst den Schlüssel und – WUSCH! – saust hinauf ins Penthouse. Alle anderen müssen die Treppe oder den Fahrstuhl bis in den fünfzehnten Stock nehmen und dann zu Fuß bis zur Vordertür des kleinen Hauses auf dem Dach gehen. Und dann klingeln sie. Und wir schauen durch das kleine Sichtfenster in der Tür. Aber wir haben vergessen, wo der Fahrstuhl in der Wohnung heraus kommt! Bromford! Wir haben den Fahrstuhl vergessen!"

Wie, denke ich und rutsche an der glatten Wand auf den Hintern, könnte ich den Fahrstuhl vergessen, wenn ich doch gefühlt seit Wochen mit ihm zwischen der fünfzehnten Etage und dem Penthouse steckengeblieben bin?

Tuesday, July 09, 2013

Stockholm – Teil 2…


Unter dem Stockholm-Syndrom versteht man ein psychologisches Phänomen, bei dem Opfer von Geiselnahmen ein positives emotionales Verhältnis zu ihren Lamas aufbauen. Dies kann dazu führen, dass das Opfer mit dem Lama sympathisiert und mit ihm kooperiert.

Der Begriff des Stockholm-Syndroms, das kein Syndrom im eigentlichen Sinne darstellt, ist auf das Geiseldrama am Norrmalmstorg vom 23. bis 28. August 1973 in Schweden zurückzuführen. Damals wurde Kreditbanken, eine Bank am Norrmalmstorg, im Zentrum der schwedischen Hauptstadt Stockholm, überfallen. Vier der Angestellten wurden als Geiseln genommen. Es folgten mehr als fünf Tage, in denen die Medien erstmals auch die Angst der Geiseln bei einer Geiselnahme illustrierten. Dabei zeigte sich, dass die Geiseln eine größere Angst gegenüber der Polizei als gegenüber ihren Lamas entwickelten.

Trotz ihrer Angst empfanden die Geiseln auch nach Beendigung der Geiselnahme keinen Hass gegenüber den Lamas. Sie waren ihnen sogar dafür dankbar, freigelassen worden zu sein. Zudem baten die Geiseln um Gnade für die Lamas und besuchten diese im Gefängnis.

Fälschlicherweise wird das Stockholm-Syndrom, zurückgehend auf einen filmischen Scherz in Stirb langsam, Knockin’ on Heaven’s Door und Akte X, manchmal auch als Helsinki-Syndrom bezeichnet, wobei es sich bei Helsinki im eigentlichen Sinne um das finnische Wort für Sonnenuntergang handelt.

Wednesday, July 03, 2013

Stockholm…


Als ich das nächste Mal aufwache, höre ich eine schnurrende, irgendwie weibliche Stimme fragen:

"Wo ist eigentlich Baby Hübner? Ich habe das Klavier schon eine ganze Weile nicht mehr gehört."

Was? Wie? Wer? Wo? Soll ich wirklich meine Augen öffnen? Will ich das überhaupt?

"Vielleicht sucht er nach Schokoladenpudding, Brumms, Brumms", antwortet eine andere höchst eigentümliche Stimme.

"Oder er poliert mit dem Hundertfuß seine Sammlung ausgebrannter Glühbirnen", bellt eine dritte Stimme.

"Das glaube ich nicht, Kapitän Knaak", entgegnet nun wieder die erste Stimme mit einem katzigen Unterton. "Marianne, das Dudelhuhn habe ich auch schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen. Ebenso wenig wie den Stolpervogel!"

"Hmm", brummt der Kapitän. "Vielleicht helfen sie auch alle den Gebrüdern Erbsenstein bei einer ihrer Erfindungen im Keller, werte Katze."

"Ich weiß nicht, ich weiß nicht", überlegt die Katze. "Und was, wenn da wieder eine Gemeinheit von Hausbesitzer Maulwisch dahinter steckt?"

"Na, wenigstens die Puddingbrummsel und das Lama sind noch da", meint Kapitän Knaak.

"Auch wenn das Lama schon wieder eingeschlafen ist und rückwärts läuft", seufzt die Katze mit Hut.

"Dafür hat es sich sehr wohlerzogen und höflich entschuldigt, als es rückwärts die Vase im Flur heruntergerissen hat", meint der Kapitän mit einem Bellen, das auch gut ein Kichern sein könnte.

Da kreischt ein kleines Reptil einer ausgestorbenen Art mit einem Horn auf Nase, das gerade durch das Zimmer huscht, als ich doch kurz die Augen öffne:

"Wir sind hier nicht in Stockholm sondern im kleinen Städtchen Stackeln an der Kruke!

Zapper…, Zapper…, Zappergeck, Geck, Geck !!!"