Saturday, June 22, 2013

Der Butler…


Er trägt eine schwarze Melone, wenn er aus dem Haus geht. Und hier ist nicht die Rede von einer verrotteten saftreichen Beerenfrucht. Er trägt eine schwarze Melone und einen großen, schwarzen Regenschirm, den er aufspannt, wenn es regnet, um die Herrschaften trockenen Fußes aus der Limousine ins Haus zu geleiten. Wenn es regnet.

Er sagt Dinge wie "Guten Tag, der Herr!" oder "Jawohl, die Herr!" oder "Wie der Herr wünschen, der Herr!". Eben Dinge, die ein ordentlicher und normaler Butler so sagt.

Nur nachts, nach Dienstschluss, wenn der Himmel so schwarz ist wie sein Anzug und der Rest seiner Kleidung, da ist er kein normaler Butler mehr. Nachts nimmt er seine Melone ab und rollt den großen, schwarzen Schirm zusammen und stößt ihn mit dem spitzen Ende voran seinen Herrschaften in die Brust. Mitten ins Herz. Vier Gräfinnen, acht Earls, fünfzehn Ladies und sechzehn Lords hat er auf diese Weise bereits aufgespießt und ins Jenseits befördert.

Und wenn man ihn fragt, was er über den Verbleib seiner Herrschaften weiß oder zu sagen hat, dann richtet er seine weißen, gestärkten Manschetten und deutet mit ausdruckslosem Blick auf ein frisch umgegrabenes Stück Erdboden im nahe Park oder Garten mit der Bemerkung:

"Der Mörder ist immer der Gärtner."

Und beweisen kann man ihm nichts…

Und der Haifisch, der hat Zähne
Und die trägt er im Gesicht
Und Butler Frank, der hat ein Messer
Doch das Messer sieht man nicht.
An 'nem schönen blauen Sonntag
Liegt ein toter Mann am Strand
Und ein Mensch geht um die Ecke
Den man Frank, den Butler nennt.

(frei nach Bertolt Brecht)

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