Sunday, November 18, 2012

Macht's gut und danke für den Fisch…


"Was wirst Du tun, jetzt da Du weißt, dass die Vogonen am 21. Dezember die Erde in die Luft sprengen werden?" frage ich das Lama, während ich versuche, so vom Couchtisch zu fallen, dass ich vergesse auf dem Boden aufzuschlagen und somit zu fliegen.

"Ich werde die Erde schon am Tag vorher, am 20. Dezember verlassen haben", behauptet das Tier und zappt die Tagesschau um 16:49 Uhr weg.

"Ach", sage ich überrascht und reibe mir die schmerzende Seite, auf der ich gerade gelandet bin. "Und wie willst Du das machen?"

"Ich reise einfach Per Anhalter durch die Galaxis!" verkündet das Lama stolz. "Ich klettere auf den nächsten, höheren Hügel und wedele mit meinem Handtuch. Da muss mich das nächste Hyperraum-Expressraumschiff, das vorbeifliegt, mitnehmen, ob es will oder nicht. Das ist Gesetz, Alter!"

"Du warst nicht gerade zufällig am Bücherregal und hast in einer fünf- bis sechsbändigen Trilogie eines gewissen Douglas Adams und eines von seiner Witwe autorisierten Nachahmers gestöbert?" frage ich und klettere wieder auf den Tisch.

Die Ablenkung, denke ich, die Ablenkung ist das A und O, der Dreh- und Angelpunkt. Jemand oder etwas muss mich im Fallen und vom Fallen ablenken, bevor ich auf dem Boden aufpralle, dann wird aus dem Fallen das Fliegen. Oder ist Fliegen eine Frage von Vorsichtig-Fallen? Woher kommt denn dieser Gedanke nun wieder?

"Ich weiß nicht, wovon Du redest, Alter!" sagt das Lama. "Außerdem dürfte das alles kein Problem sein, jetzt, da es den intergalaktischen Reiseführer Per Anhalter durch die Galaxis auch als App für alle gängigen Smartphones gibt. Das iPhone 6 soll sogar ein kostenloses Handtuch mit dazu installiert haben."

"Aha", sage ich und betaste diesmal die Beule an meinem Hinterkopf.

"OK, Du Mensch." Das Lama hat den Fernseher ausgeschaltet. "Ich kann Dich nie und nicht lange anlügen. Hast Du schon mal was von Lamatopia gehört?"

"Was soll das denn sein?"

Aller guten Dinge sind drei, denke ich und starte einen dritten Flugversuch.

"Lamatopia ist die Zukunft aller Schwielensohler aus der Familie der Paarhufer, weit über den Weltuntergang hinaus. Außerdem ist Lamatopia ein Planet im Orbit um den erdnächsten Nachbarstern, Alpha Centauri B. Und der ist nur 4,2 Lichtjahre von hier entfernt."

Gleich, denke ich, gleich bin ich abgelenkt genug.

"Ist das irgendwo in der Nähe der Beteigeuze?" frage ich.

"Keine Ahnung, Alter!" sagt das Lama. "Aber es ist der Planet, den alle Lamas dieser Welt am 20. Dezember anfliegen werden, wenn ihr Zweibeiner endgültig in Panik geraten werdet. Und es ist der Planet, auf dem wir dann für alle Zeiten glücklich und zufrieden nach Lamaart leben werden. Wir werden wiederkäuen und spucken und spucken und wiederkäuen. Und uns beim Lama-Friseur Dauerwellen legen lassen."

"Und wie, also mit welchem Antrieb oder Raumschiff oder sonstigem Transportmittel", frage ich, während ich langsam auf die Zehenspitzen steige, "wollt ihr dorthin gelangen? Meines Wissens nach dauert die Entwicklung des Reisens mit Lichtgeschwindigkeit noch das ein oder andere Jährchen."

"Ihr Humanoiden seid so rückständig und begriffsstutzig!" erklärt das Tier. "Was glaubst Du denn, woran wir Lamas seit Jahren heimlich in unseren unterirdischen Städten, in Lamaworld, gearbeitet haben? Unser Lichtgeschwindigkeitsraumschiff steht zur Taufe und zum Abflug bereit. Und wir werden es Heart Of Gold nennen! Es ist echt kein Wunder, dass ihr nur die drittintelligenteste Spezies auf diesem verrotteten Erdenball seid, ihr Menschlinge!"

Ich streckte die Arme weit ausgebreitet von mir und stehe jetzt nur noch auf einer Zehenspitze auf dem Couchtisch. Ist das die Art von Ablenkung, die ich brauche?

"So, so", sage ich, "die drittintelligenteste Spezies also. Und welche beiden sollen da noch intelligenter sein?"

"Wie ungebildet!" empört sich das Tier. "Das weiß doch nun wirklich jeder. Die intelligentesten Lebewesen auf diesem Planeten sind die weißen Mäuse. Knapp dahinter und ihnen dicht auf den Fersen sind wir, die Lamas!"

Ich bewege meine Arme leicht auf und ab, als würde ich mit nicht existierenden Flügeln schlagen.

"Und was ist mit den Delphinen? Waren die nicht auf dem zweiten Platz der Grips-Hitparade laut Douglas Adams?"

"Delphine? Pah!" spuckt das Lama aus. "Wann hast Du denn das letzte Mal einen Delphin gesehen? Und hast Du noch nichts von deren Abschiedsbotschaft gehört?"

"Macht's gut und danke für den Fisch?" frage ich. Gleich ist es so weit. Ich spüre es von den Fuß- bis in die Haarspitzen.

"Genau! Aber die Delphine haben die Erde nicht verlassen. Sie hatten einfach nur die Schnauze voll von den schadstoff- und schallverschmutzten Meeren, von engen Aquarien, von gechlorten Delphinarien und von diesen albernen Shows, in denen sie Jahrhunderte lang die beklopptesten Zweibeiner dressieren mussten. Sie sind einfach aus dem Wasser gestiegen und haben sich in das zurückverwandelt, was sie ganz zu Anfang ihrer Evolution waren."

Mit mikroskopisch kleinen Sprüngen auf einem großen Zeh bewege ich mich langsam aber sicher in Richtung Tischkante.

"Sie haben sich zurückwandelt, sagst Du?" frage ich.

"Ja, genau!" brüllt das Tier. "In Paarhufer! Schwielensohler, wenn Du es genau wissen willst. Wir Lamas waren mal die Delphine. Genau wie die Delphine und alle Wale vor Jahrmillionen mal Paarhufer waren! Und wir werden von diesem Punkt aus das ganze Universum erobern! Denk' an meine Worte, Zweibeiner! Während die Erde zu Staub im Weltraum verdampft wird, erhebt Lamatopia sich in all seiner Pracht und Macht!"

Also, wenn das jetzt nicht genug Ablenkung war, dann weiß ich es auch nicht. Ich mache einen kleinen Satz und springe. Und noch während ich denke, jetzt hat es aber geklappt, fragt das Lama:

"Was genau machst Du da eigentlich, Alter?"

Scheibenkleister, denke ich und stoße mir schmerzhaft das Steißbein an, als ich auf dem Teppichboden des Wohnzimmers aufkomme.

"Tylopoda!" schleudere ich dem Tier entgegen und denke darüber nach, über einen Plan B für den Fall des Weltuntergangs nachdenken zu müssen.

Ich zitierte es schon einmal und tue es immer wieder gerne:

"Es gibt eine Theorie, die besagt, wenn jemals irgendwer genau herausfindet, wozu das Universum da ist und warum es da ist, dann verschwindet es auf der Stelle und wird durch etwas noch Bizarreres und Unbegreiflicheres ersetzt. - Es gibt eine andere Theorie, nach der das schon passiert ist."

Douglas Adams

2 comments:

  1. Er war ein Mann aus dem Jahre Dann, seiner Zeit weit voraus.
    Er fand Fliegen eine Frage von Vorsichtig-Fallen.
    Und er fiel vom nächsten besten Berg behutsam herunter.
    Er dachte erst noch, dass es am Berg lag,
    Doch als er sich selbst auf dem Foto sah,
    Zerknittert in der Tagesschau-Macht,
    Verging sein Überschwang, und er wusste endlich seinen Rang.

    Ein Mückenstich kann schlimmer als ein Tritt vom Elefant sein.
    Ein Zwerg ist manchmal riesengroß,
    Doch will es erst erkannt sein, dass alles je nachdem ist.

    Und nun, da entschärft er Fallgruben, indem er selbst hinfällt.
    Seine Berufung wurde ein Beruf. Und Fallen eine Gewohnheit.
    Er blickt oft, wenn es Frühling wird, voll Sehnsucht in die Ferne.
    Doch seine Frau ruft: Sei nicht dumm, bleib auf dem Boden.
    Dann macht er sich schnell auf den Weg zu einem dringenden Fall.

    Ein Mückenstich kann schlimmer als ein Tritt vom Elefant sein.
    Ein Zwerg ist manchmal riesengroß,
    Doch will es erst erkannt sein, dass alles je nachdem ist.

    Ein Mann mit Frack und Stock und Hut wirkt ernst und sehr gewichtig.
    Und jeder Frau gefällt er. Aber wenn er nackt vorm Spiegel steht,
    Wird manches nichtig.

    Je nachdem – Herman van Veen

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  2. Delphine sind schwule Haie.

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