"Was sind das hier für eingelassene Stahlwände? Und wofür sind die Jalousien vor den Fenstern und diese roten Signalleuchten?"
"Ach, die! Die sind für diesen Plakatalarm, der hier manchmal losgeht."
"Scheint sich ja dann vorerst erledigt zu haben. Wie es aussieht ist im ganzen Stadtteil der Strom ausgefallen."
"Das warst Du doch, Doktor, mit Deinem Schall-Dings-Gerät."
"Schraubenzieher, KussKuss, es ist ein Schraubenzieher. Und ich bin mir keiner Schuld bewusst!"
Wenn der Strom ausgefallen ist, woher kommen dann diese Lichter, die ich undeutlich und verschwommen durch das Penthouse geistern sehe?
Das Lama sitzt auf dem Sofa und spielt mit einem Handy. Und da sind noch mehr Lamas, die fasziniert die dunkle Stadt vor der Glasschiebetür zur Dachterrasse betrachten.
"Das ist Tennis, Doktor, ganz kleines Tennis!"
Das ist mein Handy, denke ich empört, obwohl ich noch vor wenigen Tagen behauptet habe, kein Mobiltelefon zu besitzen, und mir auch sicher bin, dass das da auch noch so war. Ich stolpere auf das Lama zu und strecke die Hand aus. Was ist nur los mit mir?
"Jetzt bin ich wieder dran!" sage ich und versuche dem Lama das Handy zu entreißen.
Es hüpft zwei Schritte, dreht mir den Rücken zu und spielt dann weiter.
"Das ist mein Handy!" rufe ich. "Ich muss meinen Tennis-Character weiterentwickeln, damit ich auch bei Speed 10 Punkte bekomme!"
"Ey, lass mich!" sagt das Lama.
Ich werde gleich total böse. Wenn es wenigstens Tennis spielen würde, aber nein, es spielt Minigolf.
"Das ist Golf, Bromford, ganz kleines Golf."
Minigolf, frage ich mich. Und ein ganz kleiner Golf? Gibt es die denn in verschiedenen Größen, diese Automobile?
"Wer spielt denn schon Minigolf auf einem Handy?" rufe ich. "Das ist doch krank. KRANK!"
Dabei stürze ich mich auf das Lama, treffe geschickt seinen rechten Vorderhuf und das Telefon segelt durch die Luft.
"Warum schreibst Du eigentlich Deine Geschichten immer im Präsens?" fragt das Lama plötzlich.
"Was?" frage ich.
"Na, Du schreibst immer im Präsens, aber in der Schule haste das bestimmt anders gelernt."
"Ach so", sage ich. "Na, ich find des gut. Des is so direkter. Da ist man gleich so mittendrin statt nur dabei."
"Aha", sagt das Lama.
"Ich konnte auch anders!" sagte ich. "Imperfekt!"
"Kann ja jeder!" sagt das Lama. "Konnte. Mein ich. Meinte ich."
"Ich könnte alles!" würde ich sagen. "Konjunktiv!"
"Doppeltes Plusquamperfekt?" hatte das Lama gefragt.
"Ich werde sogar Futur zwei gekonnt haben!"
"Futur zwei?" wird das Lama gefragt haben, aber in Wirklichkeit wird es nur versucht haben mich abzulenken, um heimlich das Handy zu klauen.
"Wage es das Handy auch nur angerührt gehabt gehat zu haben, Du Minigolfnazi!" würde ich geschrien gehabt gehatten.
"Was soll 'n das für 'ne Zeit sein?" fragt das Lama.
"Des is die Zeit, wo ich Dir eins in die Fresse hau und mir mein Handy zurückhole", rufe ich.
Als hätte mir jemand den Teppich unter den Füßen weggezogen breche ich zusammen und bleibe mit gewaltigem Brummschädel auf dem Vorleger zwischen Sofa und Couchtisch liegen.
"Zeit ist relativ", sagt eines der Lamas, die im Kreis durch meinen Kopf tanzen.
"Wissen Sie, er hat gar kein Handy", sagt das Lama, das ich nicht KussKuss nennen mag, weil es mich sonst küsstküsst.
"Ist Imperfekt eigentlich das Gegenteil von Perfekt?"
"Ich sag mal ja, denn Bromford Bibble sieht heute mehr als imperfekt aus."
"Tennis" aus Marc-Uwe Klings "Die Känguru-Chroniken"?
ReplyDeleteJa, genau. Jedenfalls größtenteils. Also das mit dem Handy...
DeleteHat das irgendwas mit dem heutigen Wallendienstag zu tun?
DeleteIch denke nicht, Doktor. Hast Du übrigens Blumen und Pralinen für uns besorgt?
DeleteIch hatte vergessen, welche eigenartigen Bräuche ihr Menschen hattet zu Beginn des 21. Jahrhunderts.
Delete... wir Menschen und Lamas...
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