Tuesday, January 01, 2013
Lieber Kusskuss…
und ich wähle diese Anrede bewusst, denn wenn Du das hier liest, kannst Du Deinen eigenen Namen nicht mehr als Aufforderung, mich zu küssen, missverstehen. Obwohl ich beim ersten Teil der Anrede doch etwas ins Grübeln geraten bin. Nicht etwa weil die Form "Lieber" ein männliches Geschlecht deinerseits suggeriert, sondern weil das Adjektiv, die Beschreibung "lieb" auf Dich in keinster Weise zutreffend zu sein scheint, nach dem, was Du Dir in der Silvesternacht geleistet hast.
Ich bin mehr als enttäuscht von Dir. Ich dachte, wir wären Freunde, und Du würdest mein Heim inzwischen auch als Dein Heim betrachten. Aber so wie Du es getan hast, wütet man nicht in seinem eigenen Zuhause.
Nicht nur hast Du ungeprüfte Sprengsätze zweifelhafter Herkunft und Herstellung gekauft. Du hast auch noch sämtliche Warnungen missachtet und wolltest mir nicht glauben, dass die "China-Böller" und der "Sternenregen" kein Tischfeuerwerk sind. Du hast sie dennoch gezündet und mit der Explosion Wände und Decken des Wohnzimmers ruiniert. Als dann der Weihnachtsbaum Feuer fing, konnte ich Dich nicht von dem Versuch abhalten, die Flammen mit dem hochprozentigen Wodka von ebenso zweifelhafter Herkunft und Herstellung, den Du meiner Mutter zu Weihnachten geschenkt hast, obwohl Du genau wusstest, dass sie keinen Alkohol trinkt, zu löschen. Die Stichflamme griff dann endgültig auf Tapeten, Vorhänge, Möbel und Teppiche über. Ebenso wenig hilfreich waren Deine Löschversuche mit dem neuen Kamelhaarmantel meiner Mutter, den Du anschließend auch noch glimmend und glühend an die Flurgarderobe zurückhängen musstest, was die übrigen, dort aufgehängten Jacken und Mäntel nun ebenfalls in Brand steckte und ein Übergreifen des Feuers auf den Rest der Wohnung beschleunigte.
Das letzte, an das ich mich erinnere, bevor ich mit meiner Mutter fluchtartig das total verrauchte und verqualmte Penthouse verließ, war das Klirren der berstenden Fensterscheiben zur Dachterrasse und das Tosen des durch die frische Sauerstoffzufuhr entfachten Feuersturms.
Wir sind im Moment noch in einem Hotel am Hafen, aber nicht mehr lange. Ich habe einen Platz im gleichen Flieger wie meine Mutter gebucht – die Frau, die Du seit über einer Woche so uncharmant "die kleine, rundliche Frau" nennst. Ich werde einige Zeit in meiner Heimatstadt und meinem Elternhaus verbringen. Ich brauche dringend eine Auszeit. Das waren eindeutig zu viele BlockBlogBeiträge im letzten Jahr und vor allem im letzten Monat. Zu viele Geburten, zu viele Daten, zu viele Fakten zum Tag. Ich brauche dringend etwas Abstand und eine kreative Pause, denn ich komme mir ganz dünn vor, ausgemergelt, wie Butter auf zu viel Brot verstrichen. Ferien, ich brauche Ferien.
Wann ich zurückkomme in mein Penthouse in der Whitaker Lane 666 in Bromford, der freundlichen Stadt am Meer, oder zurück zu dem, was davon noch übrig ist, vermag ich noch nicht zu sagen. Da sind Dinge, die bedacht werden müssen, und solche, die getan werden müssen. Ich werde nicht ewig in meiner Heimatstadt bleiben. Ich werde mich auf eine Reise begeben, an deren Ende ich mich vielleicht endlich selber wiederfinden werde. Und die Idee, wie ich in Zukunft mit Dir umgehen will und kann.
Bis dahin, leb' wohl, mein haariger Freund.
Und vernichte nicht den letzten Rest, der von unserem Nest noch übriggeblieben ist.
Gruß und noch ein schönes Jahr,
Bromford Bibble,
der Mann, der heißt wie die Stadt.
And always remember:
The best way to find something is to stop looking for it.
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