Wednesday, November 30, 2011

Flugstunden…

Das Lama sitzt im Flugzeug neben mir.

"Das ist gelogen!" tippt das Lama.

"Hey!" rufe ich aus. "Wie hast Du das gemacht?"

"Was denn?" tippt das Lama.

"Wieso kannst Du denn plötzlich tippen mit Deinen dicken Hufen? Neulich hast Du Dich noch beschwert, Du könntest das nicht! Brauchtest sogar eine Assikantin, die das für Dich macht!" rege ich mich künstlich auf.

"Wir müssen noch mal von vorne anfangen", tippt das Lama.

OK, denke ich, das Lama sitzt nicht im Flugzeug neben mir. Wir sitzen überhaupt nicht in einem Flugzeug. Ich würde niemals nie nicht und unter keinen Umständen in ein Flugzeug steigen.

"Wieso denn nicht?" tippt das Lama und: "Sag' niemals nie."

Gibt es im Flugzeug nicht immer Tomatensaft, frage ich mich und sehe mich nach einer Stewardess um.

"Flugbegleiterin", tippt das Lama, "politisch korrekt und unsexistisch muss es sogar geschlechtsneutral Flugbegleitung heißen."

Ich sehe mich weiter nach einem Glas Tomatensaft um, aber da wir uns noch immer im Wohnzimmer meines Penthouses auf dem Dach des Hochhauses in der Whitaker Lane 666 in Bromford, der freundlichen Stadt am Meer befinden, ist diese Suche mehr als obsolet.

"Solltest Du nicht lieber Penthaus schreiben?" tippt das Lama. "Ich meine, nur um Verwechslungen auszuschließen? Und was bedeutet eigentlich obsolet?"

"… Oktober ist ein Scheißmonat, um an Rollfeldern zu stehen. Und Du weißt, Oktober ist ein Scheißmonat, um tatsächlich zu gehen", singt Wolfgang Müller.

"Wir haben November, noch ein paar Stunden jedenfalls", tippt das Lama. "Und was hat der Liedermacher mit dem Allerweltsnamen plötzlich in Deinem Blogblock über gar nichts zu suchen? Außerdem ist eine Seite auf fratzebook über einen imaginären Held von Kosmos auf der Suche nach dem Nichts. Willst Du da nicht mal den Link zu diesem Blockblog posten?"

"Jetzt hör' mal zu!" sage ich streng. "Wir sind hier nicht im Chat! Wenn Du mir was zu sagen hast, dann sag' es und tipp' es nicht!"

Ich nehme dem Lama die PC-Tastatur weg.

Es grinst mich unverschämt an mit seinen großen, gelben Zähnen.

"OK", murmelt es, "versuchen wir es mit verbaler Kommunikation, wenigstens so lange, bis ich die Telepathie perfektioniert habe."

Wusstest Du, denke ich, dass dieser heutige Blogeintrag eigentlich ein ganz anderes Thema haben sollte? Und wusstest Du, denke ich weiter, während ich den Bildschirm so aufbaue, dass ich besser sehen kann, dass mich der heutige Posttitel total verwirrt und abgelenkt hat?

"Ja, wusste ich!" tippt das Lama.

"Hör' auf damit!" grolle ich.

"Hör' Du doch auf!" tippt das Lama.

Irgendwie habe ich total den Faden verloren und keine Ahnung mehr, worum es geht.

"Was macht eigentlich Dein Apartment?" frage ich schließlich.

"Mein eigenes? Nummer vierundzwanzig? Direkt unter uns?" fragt das Lama. "Woher soll ich das wissen? Warum fragst Du?"

"Nur so", sage ich beiläufig.

"Willst Du etwa, dass ich ausziehe?" fragt das Lama.

"Nein, ich will, dass der Mann im Mond auszieht", antworte ich sarkastisch. "Ja, ich will, dass Du endlich abreist. Ich will, dass Du nach Hause fährst und mit Deiner Freundin zusammenlebst, mit der verrückten Miriam!"

"Jetzt aber genug geALFt!" protestiert das Lama und schaltet den DVD-Player aus. "Wahrscheinlich ist das Apartment längst wieder neu vermietet", meint es und vertilgt schnell noch ein paar Erdnussflips.

"Aber alle Apartments in diesem Haus sind Eigentumswohnungen, die von ihren Besitzern bewohnt werden sollen. Keine Vermietung zulässig", werfe ich ein.

"Dann habe ich das Apartment eben wieder neu verkauft", meint das Lama ungerührt. "Und wenn Du jetzt schreibst, vermutlich an einen kriminellen Pinguin, der nur zum Schein als Vertreter für Tiefkühlkost arbeitet, dann hast Du schon wieder bei Marc-Uwe Kling und seinem kommunistischen Känguru geklaut!"

"Ich wollte was von einem kriminellen Eisbären schreiben, der nur zum Schein als Vertreter für Tiefkühlkost arbeitet", murmele ich kleinlaut vor mich hin. "Außerdem hat der Kling den Pinguin auch nur bei Wallace & Gromit geklaut. Ich sage nur, Feathers McGraw. Aber Du musst doch zugeben, dass das Experiment unserer Wohngemeinschaft an einem Punkt angekommen ist, wo… Also, ich meine, ich bekomme immer öfter das Gefühl, dass ich wieder mehr…"

"Und Du musst zugeben", frotzelt das Lama, "dass ich nur ausziehen soll, weil Dir die Ideen ausgehen!"

Es springt aus dem Sessel auf und vollführt einen Freudentanz wie ein Gameshow-Kandidat, der die richtige Antwort geraten hat. "Vielleicht solltest Du endlich mal das Känguru-Manifest, der Känguru-Chroniken zweiter Teil, lesen, um Dir ein paar neue Inspirationen zu holen."

Ist ja schon gut, denke ich bedröppelt, und dass das Lama gar nicht so unrecht hat. Und dass mir vermutlich kein Mensch glauben wird, dass ich einige der Ideen für die Lama-Chroniken schon hatte, bevor ich auch nur einen Blick in das Känguru-Manifest geworfen habe. Und dass der Marc-Uwe Kling schon vor mir da war, obwohl er zehn Jahre jünger ist.

"Razupaltuff", murmele ich.

Wie die Sache mit dem Hasen und dem Igel. Und dem hier:

"Round and round and round it goes
Where it stops noboy knows…"

Dabei bete ich jeden Tag für ein Leben ohne Wiederholung. Und wann hat eigentlich das Känguru sein "h" verloren? Dusselige Schlechtschreibreform, dusselige…

Friday, November 25, 2011

Das Ende einer Dienstzeit…

"Müde Menschen mäandern durch die Misere."

Die kleine, brünette Praktikantin des Lamas tippt es in den Laptop. Dann schüttelt sie verärgert den Kopf, klappt den Rechner zu und stopft den schwarzen Kasten in einen viel zu kleinen Jutebeutel. Mit schweren Schritten stapft sie zur Penthousetür, wo sie sich noch einmal umdreht.

"Betrachten Sie Ihre Persönliche Assistentin der Geschäftsleitung hiermit als gefeuert!" brüllt sie das Lama an, dann fällt die Tür hinter ihr endgültig ins Schloss.

"Ich glaube", sage ich gelangweilt in Richtung Lama, "Deine Praktikantin hat gerade gekündigt. Und war das nicht Dein Laptop, den sie da gerade mitgenommen hat?"

"Mein Laptop? Du denkst wie immer zu materialistisch. Was mein ist, ist auch ihrs. Das Laptop ist jetzt jedenfalls ihrs."

"Das Laptop?" frage ich. "Muss es nicht eigentlich der Laptop heißen?"

"Der? Die? Das?" brummelt das Lama. "Wer? Wie? Was? Wieso? Weshalb? Warum? Wer nicht fragt, bleibt dumm. Mir doch egal. Man sollte es außerdem einen Klapprechner nennen. Wie der Bastian Sick oder der deutsche Verkehrsminister Ramsauer. Wozu diese ganzen Anglizismen, wenn man so eine schöne Muttersprache hat?"

Die Muttersprache des Lamas ist also Deutsch, denke ich verwundert und zweifelnd, aber das Tier fährt ungerührt fort.

"Heißt es eigentlich der, die oder das Nuss-Nougat-Brotaufstrich?"

Ich denke kurz nach und frage dann zurück: "Findest Du nicht, dass diese Frage an Berechtigung und Brisanz, Bedeutung und Relevanz verliert, wenn Du den Markennamen des Nuss-Nougat-Brotaufstrichs nicht nennst?"

"Da ist was dran!" brummt das Lama und wirft einen abgenagten Apfelrest aus dem Fenster.

"Um noch mal auf Deine Praktikantin zurückzukommen", versuche ich ein Gespräch anzufangen, "habe ich Dir nicht gleich ganz zu Anfang gesagt, dass das nicht gutgehen kann?"

Das Lama streckt die schnuppernde Nase über den Fenstersims und starrt fünfzehn Stockwerke in die Tiefe.

"Das war eine ernsthafte Studentin der Betriebswirtschaft, die mit einem ernsthaften Betriebspraktikum ernsthaft praktische Erfahrungen in einem ernsthaften wirtschaftlichen Betrieb sammeln wollte. Und hast Du einen praktisch ernsthaft wirtschaftlichen Betriebsbetrieb?"

"Generation Praktikum!" erklärt das Lama. Dann bläht es die Backen und verkündigt wichtigtuerisch: "Sinn und Zweck der Lamerica Industries ist es, das Lama sinn- und zweckmäßig zu vermarkten!"

"Aha", meine ich. "Und dennoch ist und bleibt Lamerica Industries eine von einer amerikanischen Sitcom-Fernsehserie beeinflusste und inspirierte Scheinfirma." Irgendwie langweilt mich das Gespräch nun doch. "Und was genau hat Deine Praktikantin nun alles für Dich getan? Ich meine, außer tippen und Deinen Mitbewohner fesseln? Doch so Sachen wie Einkaufen, Wäschewaschen, Hausputz, Behördengänge?"

Das Lama lässt die Lippen im Wind flattern und entblößt dabei die gewaltigen, gelben Zähne. "Du sagst es", stimmt es mir zu. "Macht es das Lama froh, macht es das Lamerica ebenso!"

"Kanntest Du wenigstens ihren Vornamen? Soweit ich mich erinnere, hast Du sie immer Assi genannt."

Ein Schweigen ist die vielsagende Antwort.

"Wundert mich, dass die kleine Brünette dann nicht schon viel früher gekündigt hat oder einfach weggeblieben ist", merke ich an.

"Da war wohl etwas, das das Fass zum Überlaufen gebracht hat." Wieder macht das Lama dicke Backen.

"Und was soll das gewesen sein?" hake ich nach.

"Gestern musste sie meine weiße Gerichtsperücke entlausen, während ich ihr die Anfangskapitel meiner Autobiographie diktiert habe."

"Du bist bei Gericht und trägst dabei eine weiße Perücke?" frage ich stirnrunzelnd.

"Eben nicht!" Das Lama lehnt sich noch weiter aus dem Fenster. "Denk' mal darüber nach!"

Dann lässt es langsam einen langen Spuckefaden in die Tiefe fallen.

Monday, November 21, 2011

Chinesische Margarine…


* Ihr Name war Carmelita.
Sie war die Schönste im Ort.
Sie brachte Lamas zum Gehen
in ihrem 50er Ford. *

In meinem Wohnzimmer steht eine Zinnbadewanne und versperrt den Weg zur Dachterrasse. Darin liegt das Lama und singt Marius Müller-Westernhagen, noch dazu völlig falsch. Es trägt Kopfhörer und wippt den Kopf von einer auf die andere Seite.

Ist "Willenlos" von MMW nicht ein Klassiker auf sämtlichen Schützenfesten Land auf, Land ab? Spielt man es nicht auch als Mitgröl-Hymne am Ballermann oder zum Après-Ski auf irgendwelchen Almen?

Ballermann, denke ich, gibt es den noch, und Sangria und ob es wirklich stimmt, dass das Lama noch nie da war? Es spricht doch einiges dagegen, dass das stimmt.

Aber die altmodische Badewanne versperrt mir immer noch den Weg ins Freie.

"Was regst Du Dich so auf?" fragt das Lama und nimmt die Kopfhörer ab. "Der Sommer ist längst vorbei und war sowieso beschissen. Was willst Du da noch auf der Dachterrasse?"

Das Lama sitzt in einer ziemlich braunen Pampe aus etwas, das aussieht wie eine Mischung aus rotem und grünem Wackelpudding.

"Was machst Du da eigentlich?" frage ich.

"Ich suhle mich", antwortet das Lama und dreht sich auf die Seite. "Ich suhle mich im Weltschmerz!"

"So, so", murmele ich und mache einen halben Schritt zurück.

"Und ich suhle mich in der chinesischen Margarine, die heißt wie ich."

Nicht fragen, denke ich, bloß nicht weiter fragen, wenn das Tier in dieser Stimmung ist.

"Nun heißt es nicht nur: Bromford Bibble, der Typ, der heißt wie die Stadt. Jetzt heißt es außerdem:

Das Lama, das Tier, das heißt wie eine chinesische Allzweckmargarine:

LAMA!"

Gibt es das Streichfett in den runden Plastikbehältern noch, denke ich verwirrt, und bin gleichzeitig froh und erleichtert, als ich mich wieder an meinen Computer setzen kann.

Tuesday, November 15, 2011

Magie ist, wenn man trotzdem lacht…

Ich schließe die Tür zu meinem Penthouse auf.

Ich werde am Schlafittchen – das man nicht etwa Schlawittchen schreibt, weil es etwas mit den niederdeutschen Schlagfedern eines Vogels zu tun hat und gar nichts mit dem schlafenden Schneewittchen – gepackt und mit dem Rücken an die Wand geworfen.

Das Lama, auf den Hinterbeinen stehend und in einen schwarzen Umhang gehüllt, presst mir das rechte Vorderbein gegen den Hals und leuchtet mir mit einer Halogen-Taschentampe direkt ins Gesicht.

"Zaubereiministerium von Britannien und Irland, Abteilung zum Schutz der Geheimhaltung der Zauberei!" brüllt es. "Wir haben da mal ein paar Fragen."

Was will das Tier?

"Sie wohnen also in Sennen, Cornwall, England und sind aus der Siedlung Sennen Cove dorthin gezogen?"

"Was?" röchele ich.

"Sind oder waren Sie jemals Schüler der Hogwarts-Schule für Hexerei und Zauberei?" fragt das Lama. "Oder besser Student of Hogwarts School of Witchcraft and Wizardry?"

Ich versuche, den Kopf zu schütteln.

"Und warum steht das dann alles in Ihrem Profil auf Fratzebook?"

Ich habe immer noch keine Ahnung, was das Tier von mir will.

"Kennen Sie Harry Potter?"

Langsam beginnen blaue Lichtpunkte und nicht nur die von der Halogen-Taschenlampe vor meinen Augen zu tanzen.

"Fühlen Sie sich manchmal verfolgt von Amazonen oder Schatten der Vergangenheit und ihren lauernden Gefahren?"

Harry Potter, wandern meine Gedanken zurück zur vorletzten Frage. Sicher kenne ich Harry Potter, wie ziemlich viele Menschen auf diesem Planeten. Aber woher kennt ihn das Lama?

"Bromford Bibble? Ist das Ihr richtiger Name? Sind Sie ein Animagus? Oder ein Metamorphmagus? Können Sie sich in einen Biber verwandeln?"

Hört diese Befragung denn niemals auf?

"In welchem Haus waren Sie in Hogwarts?"

Slytherin und Gryffindor und Hufflepuff und… und… und… Ravenwood, zähle ich in Gedanken und aus dem Gedächtnis auf, ziemlich sicher, dass da irgendwas nicht stimmt.

"Kennen Sie Deatheater?"

Daddy, schießt es mir durch den Kopf. Doch das ist natürlich Quatsch! Das kann nicht richtig sein! Mein Daddy heißt bestimmt Brimford Bubble oder Barmford Bobble oder so. Was meint das Lama? Die englische Bezeichnung für die Todesser, jene Bande der allerschlimmsten Anhänger des bösen Magiers, dessen Name nicht genannt werden darf?

"Jetzt ist aber auch mal gut!"

Ich fange an zu zappeln und winde mich aus dem Würgegriff des Lamas.

"Ich wusste gar nicht, dass Du ein Fan von J.K. Rowling und ihren Büchern bist."

"Geheimhaltung!" quiekt das Lama. "Ich bin Vergissmich im Zaubereiministerium und werde Dich jetzt blitzdingsen!"

Ich nehme die Batterien aus der Halogen-Taschentampe und schließe vorsichtshalber noch die DVDs und Bücher weg.

"Und mit Blitzdingsen bist Du im völlig falschen Film!" verkünde ich und suche den Himmel weiter nach fliegenden Untertassen ab. Vielleicht auch nach fliegenden Pferden? Oder magischen Menschen auf Besen?

Oder umgekehrt?

Oder so?

Wednesday, November 09, 2011

Rauchverbot…

"Man sollte Kneipen verbieten, in denen nicht geraucht werden darf!"

Ich schaue das Lama schräg von der Seite an. Habe ich es jemals rauchen sehen seit dem Tag unserer ersten Begegnung, an dem es mich an der Haustür um Feuer bat, frage ich mich. Habe ich es jemals in einer Kneipe gesehen?

"Man sollte Kneipen generell verbieten!" fährt das Lama fort.

"Warum denn das?" will ich wissen.

"Zu viele Keime und zu viel schlechter Schlager in den Musikboxen!"

Ich runzele die Stirn. "Weißt Du eigentlich, was Du da redest?" frage ich.

"Nein! Du? Lass uns nach Hause gehen!"

"Aber wir sind doch gerade erst…", breche ich meine Antwort ab. "Moment mal! Wir sind zuhause! Und zwar in meiner Küche, wenn ich Dich erinnern darf!"

"Keine Ahnung, wo Du Dich heute noch rumtreibst. Ich gehe jetzt jedenfalls in die Badewanne!"

Das Lama schlingert auf zwei Hufen auf den Flur hinaus, bevor es sich noch einmal umdreht.

"Weißt Du was, Bromford Bibble? Mit Dir bekommt der Begriff 'Nonsens' eine völlig neue Bedeutung!"

Friday, November 04, 2011

Das Labyrinth der Träumenden Bücher…

- Kennst Du den neuen Walter Moers?

* Den neuen Mittelstürmer vom FC? Ist der nicht auch zu REAL gegangen?

- REAL Madrid?

* Nein, ich meine die Lebensmittel-Einzelhandelskette. Aber egal ob Mailand oder Madrid – Hauptsache Italien!

- Aber ich spreche überhaupt nicht von einem Fußballspieler. Ich spreche von dem Comic-Zeichner, Illustrator und Autor Walter Moers und seinem neusten Roman "Das Labyrinth der Träumenden Bücher".

* Na, dann.

- Also, ich kann verstehen, dass einige treue Leser der inzwischen sechs Zamonien-Romane etwas enttäuscht sind vom Labyrinth, zumal eben dieses "Labyrinth der Träumenden Bücher" höchstens in Erinnerungen und Rückblenden eine Rolle spielt.

* So, so.

- Die Hälfte des Buches besteht aus theoretischen Abhandlungen und Abschweifungen über den Puppetismus, die Kunst des Puppentheaters in jeglicher Form, die sich im wieder aufgebauten Buchhaim ausgebreitet hat. Buchhaim, die Literaturmetropole des vergessenen und versunkenen Kontinents Zamonien, war schon der Schauplatz des Romans "Die Stadt der Träumenden Bücher" und an dessen Ende durch ein Großfeuer weitgehendst vernichtet worden, wie wir uns erinnern dürften.

* Na, dann.

- Hauptfigur ist auch hier wieder Zamoniens vielleicht größter Literat, der dichtende Saurier Hildegunst von Mythenmetz von der Lindwurmfeste, dessen Übersetzer und Illustrator Walter Moers ja immer wieder zu sein vorgibt. Und er wird durch einen geheimnisvollen Brief zur Rückkehr nach Buchhaim animiert.

* So, so.

- Hatten wir das so oder so ähnlich nicht auch in "Die Stadt der Träumenden Bücher"? Wiederholt Moers sich an dieser Stelle? Teilweise schon, finde ich, besonders in jenem Teil der zweiten Hälfte des Buches, der – gefühlt? – die Hälfte der zweiten Hälfte ausmacht, in dem in Form einer Puppentheater-Aufführung noch einmal haarklein der Inhalt der "Stadt der Träumenden Bücher" nacherzählt wird.

* Na, dann.

- Und in der ersten Hälfte reiht sich eine Begegnung mit einigen bereits aus dem Vorgängerbuch bekannten Charakteren an die nächste, in denen die Geschichte und Entwicklung Buchhaims nach dem großen Brand berichtet wird. Von der Stadtführung mit der lebenden Zeitung und ihren historischen Zeitungsausschnitten in FRAKTUR einmal abgesehen.

* So, so.

- Irgendwie kommt über die ersten rund dreihundertfünfzig Seiten keine rechte Spannung auf. Der rote Faden der Handlung scheint zu fehlen. Moers verliert sich in Beschreibungen von Orten und Situationen und eben dem Puppentheater, was sicher nicht jedermanns Ding sein dürfte.

* Na, dann.

- Und kaum kommt auf den letzten rund hundert Seiten ein geheimnisvoller Charakter – mal wieder eine Haifischmade – ins Spiel, und kaum verschlägt es Hildegunst – endlich möchte man ausrufen – in die Katakomben von Buchhaim und damit in "Das Labyrinth der Träumenden Bücher", da endet das Buch einfach – noch dazu mit dem an dieser Stelle beinahe sarkastisch klingenden Satz:
"Hier fängt die Geschichte an."

* So, so.

- Da hilft dann auch das Nachwort des vermeintlichen Übersetzers Walter Moers nichts mehr. Dieses sei nur der erste Teil einer größeren Geschichte. Von Termindruck ist da die Rede und von der Größe des Projekts der Übersetzung und Illustration, die er überschätzt hätte.
"Denn, wie bereits von Mythenmetz verheißen: Die wirkliche Geschichte fängt hier in der Tat erst an. Alles Bisherige war nur Ouvertüre."

* Na, dann.

- Aber hätte man dem werten Leser das nicht vor dem Kauf des Buches sagen müssen? Hätte das nicht irgendwo in der Werbung oder auf dem Buchdeckel auftauchen müssen? Und wann erscheint der zweite Teil, wenn er denn überhaupt so bald herauskommt? Steckt da wirklich ein dämonischer, drängelnder und neuer Verlag dahinter, der unsensibel reagiert und mit juristischen Konsequenzen droht?

* So, so.

- So wirft das ganze immer neue Fragen auf. Was soll das mit dem Puppetismus? Das ganze Buch wirkt unfertig und unabgeschlossen. Moers scheint sich in Einzelheiten und Kleinigkeiten zu verlieren, die noch auf ihre Erklärungen warten.

* Na, dann.

- Also, ich fand, bisher hatte jedes der Zamonien-Bücher seine Längen. Selbst "Der Schrecksenmeister", von "Rumo und die Wunder im Dunkeln" ganz zu schweigen. Eine der Längen in "Die Stadt der Träumenden Bücher" wird in diesem Buch sogar direkt angesprochen in dem Teil, in dem der Inhalt in Form eines Puppentheaterstücks nacherzählt wird:
"Sie hatten meine beiden Besuche bei Phistomefel auf eine einzige Begegnung eingedampft und das gesamte Trompaunenkonzert, dem ich zwischendurch beigewohnt hatte, einfach weggelassen. Das war eine kühne und brutale Kürzung. Im Nachhinein erscheint sie mir aber völlig verständlich, denn in dieser Inszenierung wäre es nicht nur ein Bruch gewesen, sondern auch eine wahrscheinlich unzumutbare Länge für das Publikum, welches darauf brannte, dass die Handlung endlich in die Labyrinthe verlegt wurde."

* So, so.

- In "Das Labyrinth der Träumenden Bücher" scheinen sich sehr viele "unzumutbare Längen" eingeschlichen zu haben. Und bevor "die Handlung endlich in die Labyrinthe verlegt" wird, worauf die Leser brennen, hört das Buch einfach auf und lässt viele ratlos und enttäuscht zurück.

* Na, dann.

- Dennoch ist es kein schlechtes Buch, denn Walter Moers hat hier kein unausgegorenes oder sinn- und ideenloses Machwerk abgeliefert aufgrund von Termindruck durch den "bösen" Verlag. Die Lust am Fabulieren und der Erfindungsreichtum sind immer noch da. Aber die wirkliche Qualität dieser "Ouvertüre" auf vierhundertzwanzig Seiten wird man vermutlich erst dann beurteilen können, wenn man den zweiten Teil und damit die eigentliche Geschichte gelesen hat. Wenn es ihm gelingt, im zweiten Teil die (Marionetten-)Fäden zu verknüpfen und die Geschichte endlich anfangen zu lassen, wird der Leser vielleicht dafür versöhnt oder entschädigt, dass er sich durch seitenlange "Puppetistische Notizen" kämpfen musste.

* So, so.

- Warum habe ich nur das Gefühl, dass Du mir überhaupt nicht zuhörst?

* Keine Ahnung. Ich habe gerade überlegt, dass mir einige der "Puppetistischen Notizen" durchaus gefallen haben – z.B. der Seitenhieb auf Zank Frakfa und seine depressiv veranlagte Riesenkakerlake. Und dass Corodiak Smeik, der Meister des Puppaecircus Maximus, vermutlich doch Phistomefel Smeik ist, der den großen Brand überlebt hat und mit dem "Unsichtbaren Theater" und überhaupt dem ganzen Puppetismus nur einen weiteren Weg gefunden hat, wieder an die Macht zu kommen und sich seiner Gegner zu entledigen. Woher sollte er sonst seine intimen Kenntnisse aus den Katakomben haben – Gerüche und Geräusche und so weiter, die in das Theaterstück nach Mythenmetz' Roman eingebaut waren? Und woher sollte er als Zwillingsbruder von Hagob Saldaldian diese augenfressenden Parasiten aus den untersten Bereichen der Katakomben haben, wenn er Jahrhunderte lang weit entfernt von Buchhaim gelebt und die Katakomben niemals nicht von innen gesehen hat?"

- Du dusseliges Lama! Hörst Du gefälligst auf, meine Notizen zu lesen!

* Ach, Bromford Bibble, glaubst Du wirklich, dass das hier irgendwen interessiert? Glaubst Du, es gibt auch nur einen Internetuser, der Deine Pseudo-Buchkritik lesen wird? Das reicht ja nicht mal für eine Rezension auf amazon.de. Und klingt außerdem noch total abgeschrieben.

- Warum nur habe ich an dieser Stelle mal wieder das Gefühl, dass sich die Welt unter uns im Kreis dreht? Immer rund herum und rund herum und rund und rund herum herum…