Saturday, September 03, 2011

Bomm Bomm… Bomm Bomm…


"Guten Morgen!" sagt Norma, die Bedienung im Diner 'Double R'. "Sie sind aber früh auf!"
"Das Böse schläft nie!" sage ich, und Norma lächelt eigenartig und verständnislos während sie mir Kaffee einschenkt. Ich bestelle einen gedeckten Kirschkuchen.

Verdammt guter Kaffee. Verdammt guter Kuchen. Verdammt hohe Bäume.

Ich bezweifele, dass Norma, diese alternde, blonde Schönheitskönigin weiß, wovon ich spreche.
"Wie geht es Agent Cooper?" fragt sie dann auch prompt. "Heilt seine Wunde vom Sturz in den Spiegel?"
Arme, hübsche, dumme Norma Jennings oder wie auch immer sie sich nach ihrer Trennung von Hank auch nennen mag. Sie hat definitiv keine Ahnung, wovon ich spreche, und keine Ahnung, was mich in dieses kleine Städtchen im Schatten der beiden Berggipfel verschlägt.

Es war kein Unfall, der Special Agent Dale Cooper in den Spiegel seines Hotelbadezimmers stürzen ließ. Es war nicht einmal Special Agent Cooper selbst, der da mit der Stirn voran in den Spiegel über dem Waschbecken stolperte.

Das Böse schläft nie! Bob schläft nie! Er ist immer auf der Suche, rastlos, hungrig, gierig. Was ist es, das er verschlingt? Garmonbozia, die Speise der Götter? Oder sind es Seelen, arme, verwirrte, anfangs so unschuldige Seelen?

Aber… oder eher und… Bob ist Dale Coopers Problem. Mein Problem ist Frank, der mich immer mehr verfolgt und bedrängt. Eines Tages zerrt er mich in die schwarze Hütte und lässt mich dort zurück. Dann ist Bromford Frank und Frank Bromford.

Oder ist das schon längst passiert?

Was ist nur aus Bromford, der freundlichen Stadt am Meer geworden?

Und wie geht es Annie? Arme, unschuldige, heilige Annie Blackburn. Und Norma hat keine Ahnung, dass das nicht ihre Schwester ist, die da aus dem Wald zurückgekehrt ist und sich jetzt im Krankenhaus von ihrer Entführung durch Windom Earle erholt.

Ein Teller mit Kirschkuchen wird scheppernd vor mir auf dem Tresen abgestellt. Die Teigschicht reißt auf und eine blutige Masse quillt heraus wie aus einer großen Platzwunde.
"Darf ich Ihnen noch einmal nachschenken?"
Ich schrecke aus meinen düsteren Gedanken und von meinem schwarzen, süßen Kaffee auf.

Norma hat eine neue Bedienung. Norma selbst spricht an der Tür zur Küche mit Ed Hurley. Ich frage mich flüchtig, ob er Nadine für Norma verlassen wird, jetzt, da seine Frau ihr Gedächtnis zurückerlangt hat.

Dann wandert mein Blick an der neuen Kellnerin, die mir den Kuchen gebracht und nach meinem Kaffeewunsch gefragt hat, hinauf. Über das Namensschild an der Brust ihrer hellblauen Uniform. Über ihr strahlendes Lächeln bis hinauf in ihre blitzenden, hellgrauen Augen.
"Sheryl" steht auf ihrem Namensschild. Und ich frage mich, warum es niemandem in der Stadt auffällt, dass sie Laura Palmer und auch ihrer Cousine Maddy Ferguson wie aus dem Gesicht geschnitten ist. Nur dass ihr Haar weder blond noch schwarz sondern dunkelrot ist.

Und schon bald wird man ihre Leiche im Fluss treibend finden, eingewickelt in durchsichtige Plastikfolie.

Ist das der Lauf der Welt?
The Way of the World.
Even the Way of Another World?

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