"Und
Sie sind wirklich der Meinung, dass ich mir Kusskuss, das Lama, nur einbilde und
ausgedacht habe? Und Sie finden, ich sollte mir endlich eingestehen, dass ich
die ganze Zeit über nur Selbstgespräche führe, wenn ich mich mit dem Tier
unterhalte oder streite?"
Mrs.
Hudson lehnt sich in ihrem braunen Ledersessel mit durchgängiger Arm- und
Rückenlehne zurück und zieht ihr Klemmbrett mit ihrem Notizblock an sich. Ich
verschränke die Arme vor der Brust, lehne mich im Sessel gegenüber ebenfalls
zurück und starre genervt und gelangweilt an die Decke ihres Büros.
"Ich
bin nur Ihre Therapeutin, Bromford Bibble", seufzt die Frau, "ich
kann Ihnen nur den Weg zeigen. Von mir gibt es kein 'richtig' oder 'falsch'.
Ich öffne Ihnen nur die Türen. Die richtigen Schlüsse müssen Sie ganz allein
ziehen! Und hören Sie auf, meine Notizen zu lesen!"
Schon
irgendwie lustig, ihre Fixierung auf ihr Klemmbrett mit ihrem Notizblock und ihren handschriftlichen Notizen, denke
ich amüsiert. Vielleicht ist sie es, die hier mal einen Therapeuten aufsuchen
sollte.
"Sie
sind nicht meine Therapeutin, Mrs. Hudson", murmele ich, "das ist
Doktor Bell. Nun, er ist nicht meine Therapeutin sondern mein Therapeut, aber
Sie sind meine Haushälterin, nicht meine Therapeutin!"
Sie
trägt ihr Haar jetzt offen, nicht mehr hochgesteckt, und die Brille mit dem dicken
Rand lässt sie etwas intellektueller wirken als bisher. Auch wirkt sie jünger ohne ihre
Kittelschürze, aber sie ist dennoch dieselbe Frau, die mich seit Wochen mit
ihren Putz- und Aufräumattacken triezt und mich mit ihrem bitteren Tee überschwemmt.
Sie ist immer noch die Frau, die das Lama unsere Vermieterin nennt, nicht
unsere Haushälterin.
"Bromford,
das hatten wir doch alles schon einmal!"
Sie
hat meine Hände gepackt und zwingt mich so, ihr in die Augen zu schauen.
"Doktor
Bell hat wie Kusskuss, das Lama, nie existiert! Sie sind alle nur Ausgeburten Ihrer Phantasie. Nur Teile Ihrer
eigenen Persönlichkeit."
Wie
lustig die braunen Locken an ihren Schläfen wippen, wenn sie spricht, besonders
so eindringlich und beschwörend wie jetzt.
"Sie
sind kein Doktor, Bromford Bibble! Sie haben auch kein Trauma von einem
Militäreinsatz in Afghanistan! Und ich habe Ihnen auch nie geraten, ihren Weg
zurück in die reale Welt durch Aufzeichnungen Ihrer Erlebnisse in einem Blog im
Internet zu dokumentieren! Ihr bester Freund ist kein hyperintelligentes, geigespielendes
Lama mit Ambitionen als Privatdetektiv zu arbeiten. Und er, sie oder es ist
auch nicht kürzlich verschwunden oder sogar verstorben."
Ach,
bloß eins noch, ja? Eine Bitte hätte ich noch, geht es mir durch den Kopf, und
ich sehe mich an einem Grabstein stehen. Mir zuliebe, ein Wunder. Seien Sie
bitte... nicht tot. Würden Sie das für mich tun? Hören Sie einfach damit auf!
Aber
ich will das nicht hören. Nicht schon wieder. Und eigentlich weiß ich
inzwischen, wie das Spiel funktioniert. Ich muss ihr nur zustimmen, sie einfach
nur in ihrem eigenen Wahn mich betreffend unterstützen, dann lässt sie mich
meistens in Ruhe. Bis zur nächsten Sitzung. Ich darf nur nicht auf dem
bestehen, was ich weiß, was sich seit drei Jahren in und um Bromford erlebt
habe und noch immer erlebe. Aber manchmal kann ich mich einfach nicht
verstellen, mich einfach nicht zurückhalten. Dann ist der Widerspruch ausgesprochen, bevor ich etwas dagegen
unternehmen kann:
"Aber
Sie behaupten jetzt nicht wieder, ich hätte seit drei Jahren meine
Kellerwohnung nicht mehr verlassen, dass alle Menschen und Wesen, die ich in den
letzten drei Jahren getroffen habe, das Penthouse in der Whitaker Lane 666, ja
selbst die Stadt, die heißt wie der Mann, nur in meinem Kopf existieren?"
Stellt
sich noch immer nicht der Realität, kritzelt sie mit kratzender Füllfeder auf den
Notizblock auf ihrem Klemmbrett. Und ich kann es wieder deutlich lesen.
Mein
Blick schweift aus dem Fenster ihres Büros im 56. Stockwerk, durch die Lücke
zwischen den Wolkenkratzern, hinunter zum Hafen unter der Bromford Bridge und
hinauf auf das offene Meer.
It's just
another Manic Monday, denke ich erschöpft, I wish it was Sunday. Ob es das hier war, was die Bagels
im Sinn hatten, als sie dieses Lied schrieben und sangen?
"Die
weibliche Pop-Gruppe heißt The Bangles", sagt Mrs. Hudson beiläufig.
"Bagels sind rundes Hefeteig-Gebäck mit einem Loch in der Mitte. Aber
unsere Sitzung ist beendet für heute. Wir sehen uns dann am Freitag."
Ich nicke zustimmend und stehe auf.
Und von einem Lama keine
Spur…
Was wird steif und fängt mit "P" an?
ReplyDelete... Pudding
Warum verfolgst Du mich, Du Teufels-Lama?
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