"Ich
möchte…", sagt das Lama.
"Ja,
bitte?" sage ich.
"…
der Weltöffentlichkeit nunmehr meine ganze Lebensgeschichte erzählen!"
sagt das Lama.
"Dafür
haben wir nun wirklich keine Zeit!" sage ich und schalte den Rechner
diesmal nicht aus.
"Ist
Dir bewusst, dass Du bereits zum zweiten Mal hintereinander den gleichen Titel
für einen BlockBlog-Post verwendest?" fragt das Lama.
"Ja,
da steckt ein tieferer Sinn dahinter", erwidere ich ruhig.
"Sinn?
Sinn? Sinn? Unsinn!" regt das Tier sich künstlich auf. "Willst Du
eigentlich Deine ohnehin nicht gerade zahlreiche Leserschaft verar…, ähm,
veralbern? Die warten doch schon seit Tagen mit unbändiger Spannung auf meine
einzigartige Lebensgeschichte! Glaubst Du nicht, sie werden extremst
enttäuscht, verwirrt und verärgert reagieren, wenn Du, noch bevor ich richtig
loslegen kann, einfach den Rechner ab…"
Bevor
das Lama auch noch das Wort beenden kann, stelle ich den Rechner diesmal nicht
aus.
"…
schaltest? Hey, so macht das überhaupt keinen Sinn mehr!" sagt das Lama.
"Jetzt
sprichst Du plötzlich von Sinn?" frage ich trocken.
"Aller
guten Dinge sind drei?" fragt das Lama.
"Manchmal,
manchmal aber auch nicht", sage ich schulterzuckend und schalte den
Rechner nicht aus.
"Hast
Du meine Schuhe gesehen?"
Die
Frage ist neu und kommt irgendwie unerwartet.
"Seit
wann trägst Du denn Schuhe an Deinen vier Stampfern?" frage ich.
"Jetzt,
wo Du es sagst", murmelt das Lama. "Ich habe ja meine eigenen Sohlen!
Habe ich total vergessen!"
Dann
dreht es sich um und schaltet den Rechner diesmal nicht aus.
"Wenn
hier jemand den Rechner ausschaltet, dann bin ich das, verstanden, altes
Wolltier! End Transmission, falls Dir das was sagt. Sonst kommt hier aber mal
ganz schnell die Schermaschine! Nur, dass das mal klar ist!" poltere ich.
"Hast
Du eigentlich einen imaginären Freund?" fragt das Lama.
"Sollte
ich einen haben?" kontere ich.
"Hat
nicht jeder einen imaginären Freund, einen unsichtbaren Begleiter, den nur er
selbst sehen und hören kann, dem er ab und an sein Herz ausschüttet, dem er all
seine dunklen und schmutzigen Geheimnisse anvertrauen kann?" fragt das
Lama.
"Du
meinst so jemand wie Mein Freund Harvey,
das große, weiße Kaninchen?" frage ich.
"Das
kenne ich nicht!" sagt das Lama.
"Oder
Captain Excellent oder Christopher aus diesem Film mit Ryan
Reynolds? Paper Man?" frage ich.
"Bist
Du eigentlich besessen von Ryan Reynolds oder vielmehr von seinen Filmen?"
fragt das Lama. "Erst diese Geschichte mit den Grünen Laternen, dann hast Du angeblich keinen Bauchnabel und jetzt
das hier. Am Ende behauptest Du noch eine Nine
zu sein!" sagt das Lama.
"Ich
bin Ryan Reynolds", erkläre ich.
"So,
so", runzelt das Lama die Stirn, wenn es das überhaupt kann.
"Also
eigentlich bin ich Ryan Reynolds' Bodydouble", fahre ich fort.
"Wer
's glaubt…", brummt das Lama.
"Jedenfalls
haben wir am gleichen Tag Geburtstag, sind sozusagen Zwillinge, auch wenn er
vier Jahre jünger ist als ich", erkläre ich.
Das
Lama räuspert sich und sagt eine Weile gar nichts.
"Und
was ist mit Jodie Foster?" fragt es schließlich. "Warst Du nicht auch
mal von ihr und ihren Filmen besessen?"
"Die
ist jetzt wohl eher Mutter und Regisseurin, soweit ich weiß", sage ich.
"Und
hast Du nun einen imaginären Freund?" fragt das Lama.
"Ich
denke, diese ganze Theorie von unsichtbaren, imaginären Freunden ist nur eine
Erfindung der US-amerikanischen Psychotherapie- und –analyse-Szene und der
amerikanischen Filmindustrie. Da drüben gilt es ja schon fast als krankhaft,
wenn ein Kind keinen imaginären oder erfundenen Freund hat. Entschuldige Jack,
ich kann nicht mehr mit Dir Ball spielen. Ich muss nach Hause zu einem
Teekränzchen mit meinen unsichtbaren Hero-Turtel-Freunden! Pah!" wettere
ich los.
"Sagt
der, der sich mit einem Lama unterhält", flüstert das Lama.
"Das
habe ich gehört!" knurre ich und schalte den Rechner nicht aus.
"Ist
das nicht ein hippig, flippiger Tag heute?" trällert das Lama.
"Hippig?"
frage ich.
"Hippig,
flippig, wippig! Ein flofftig, tofftiger Tag halt!" schwärmt das Lama.
"Soll
ich Dich eigentlich nicht mehr LA MA nennen?" frage ich.
"Ich
weiß gar nicht, wovon Du redest", sagt das Lama.
"Du
hast schon wieder einen Post beendet, ohne zu fragen", sage ich.
"Habe
ich?" fragt das Lama und zupft sich nervös an einem nicht vorhandenen
Kragen.
"Außerdem
hast Du es irgendwie geschafft, aus dem heutigen Post jeden Hinweis auf den
vergangenen zu löschen", sage ich.
"Habe
ich das?" schluckt das Lama.
"Lust
auf die versprochene Kurzhaarrasur?" frage ich und lasse den
Langhaarschneider brummen.
"Ist
ja Sommer", versucht das Tier sich zu beruhigen.
"Soll
ich vorher den Rechner ausschalten?" frage ich.
"Besser
ist das", sagt das Lama.
Und
ich schalte den Rechner nicht aus.
"Ist
eigentlich alles in Ordnung bei uns?" fragt das Lama.
Es
sieht aus wie ein geschorener Riesenpudel mit runden Fellpuscheln an den Waden,
woran ich nicht ganz unschuldig bin. Bei Gelegenheit, denke ich, werde ich mal
den Haufen Wolle zu einer der älteren Damen aus dem Haus in der Whitaker Lane
666 bringen. Die kann dann Garn daraus spinnen und mir einen Pulli für die
kalte Jahreszeit daraus stricken.
"Was
meinst Du jetzt genau?" frage ich und esse irgendwas, weil ich ziemlich
häufig esse, wenn ich mich mit dem Lama unterhalte.
"Hast
Du nicht das Gefühl, dass wir das hier alles schon mal erlebt haben? Dass wir
gefangen sind in einem Leben voller Wiederholungen? In einer regelrechten
Endlosschleife?"
Das
Lama schubbert sich die nackte Haut über den Rippen an der Sofaecke.
"Meint
Du so eine Art Déjà-Vu? Also, dieser letzte Teil hier ist ja im Grunde für
heute neu. Irgendwie drangeklatscht und noch keine Wiederholung", meine
ich.
"Kommt
mir aber trotzdem alles irgendwie erschreckend bekannt vor", unkt das Tier
und schaut sich gehetzt im Penthouse um.
"Habe
ich nicht gesagt, dass alles einen Sinn hat?" frage ich.
"Das
alles hier erinnert mich an irgendwas", sagt das Lama düster. "Aber
es würde viel besser zum 02. Februar passen."
"Nein,
Februar haben wir nicht", sage ich gleichgültig.
"Und
es ist auch nicht der Groundhog Day. Wir sind hier nicht in Punxsutawney, Pennsylvania.
Und ich bin ganz bestimmt nicht Punxsutawney Phil, das alte Murmeltier",
sagt das Lama.
"Meinst
Du, sie machen da jedes Jahr ein Casting?" frage ich.
"Was
denn für ein Casting?" kreischt das Lama.
"Na,
Du glaubst doch wohl nicht, dass das nach all diesen Jahrhunderten immer noch
der ursprüngliche Phil ist, der da in Punxsutawney jedes Jahr am Murmeltiertag
den Fortgang des Winters prophezeit? Ich frage mich ernsthaft, wie viele
kleine, süße Nager sie schon verschlissen haben im Laufe der Jahre. Und was sie
wohl mit ihnen machen, wenn sie dahingegangen sind? Ich habe mal gehört,
Murmeltiere geben eine gute Suppe ab. Als Braten sind sie bestimmt etwas zäh,
wenn sie ein gewisses Alter überschritten haben. Wusstest Du eigentlich, dass der
Name Punxsutawney eine Anlehnung an die indianische Bezeichnung Ponkuttenick ist, was so viel bedeutet
wie Ort der Mücken?"
"Ich
will das nicht hören! Ich will das nicht hören!" quietscht das Lama.
"Und
dennoch singen Sonny Bono und Cher jeden Morgen auf 's Neue I Got You Babe, wenn der Wecker von 5:59
Uhr auf 6:00 Uhr umklappt, es sei denn ich kann Dich irgendwann vom Wandel
meiner Weltsicht und von meiner aufrichtigen Liebe überzeugen", erkläre
ich mit einem diabolischen Grinsen.
"Aufhören!
Aufhören! Aufhören!" schreit das Lama und dreht irre Kreise um den
Couchtisch.
"Soll
ich vorher den Rechner ausschalten?" frage ich.
"ARRRRRGHHHHHHH!"
schreit das Tier.
Und ich schalte den Rechner
aus.
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