Saturday, March 19, 2011

Wollmäuse...

Das Biest ist zurückgekehrt. Strahlend reckt es sein Haupt mit der beißenden Fratze gen Himmel und murmelt: "God is dead." Vielleicht murmelt es auch: "God is Death." Oder: "God is a DJ."

Wie immer nach einem großen Knall hält die Welt den Atem an und hält schweigend einen Moment inne, auch wenn die Aufregung und das Geschrei anschließend umso lauter sind. Wer ist schuld? Wer hätte was tun, was verhindern können?

Kommentiert Bromford das reale Weltgeschehen? Kann ein virtueller Charakter aus einer erfundenen Stadt die Realität kommentieren? Nein. Ich denke, ich tue es nicht.

Vor einer Woche und einem Tag bebte die Erde, türmte sich das Meer auf und warf sich an Land. Seitdem brennen die Kraftfabriken, stürzen ein, explodieren und geben ihre Kraft unkontrolliert und an falsche Stellen ab.

"Tand, Tand ist das Gebilde von Menschenhand."

Es ist, als würde das Biest seinen gewaltigen, breiten Rücken schütteln, um seine lästigsten Parasiten loszuwerden. Aber die Erde ist kein Biest, die Natur kein Ungeheuer, das es zu bezähmen gilt, schon gar nicht von den Parasiten.

Die Natur kennt kein Gut und Böse. Auch das Erfindungen des Menschen Geist. Die Natur kennt nur Überleben und Aussterben, Fressen und gefressen werden, Fortbestehen und Untergehen.

Und jeder fragt sich, wer unter seinem Sofa oder seinem Bett gestorben ist, welcher Vampir dort heimlich zu Staub zerfällt und wie die Wollmäuse den Evolutionsschritt zur Wollratte schaffen konnten.

Nichts, was man sagt und schreibt und liest und tut,
macht das Unheil wieder gut.

Thursday, March 17, 2011

An der Straßenlampe brennt noch Licht...

oder...

Wird die Welt explodieren, wenn die Erde bebt und die Atomkraftwerke niemals wieder wirklich still stehen werden?

oder...

Es ist egal, was Du tust, Du kannst die Apokalypse nicht abschalten, Brother!

oder...

Von der Kunst, bombastische Überschriften zu schreiben, die viel mehr versprechen, als die folgenden Inhalte zu halten in der Lage wären...



We used to be Big In Japan. Good Luck.

Sunday, March 06, 2011

Sollbruchstellen…

Inzwischen sind schon wieder zwei Monate des neuen Jahres vergangen. Der Start in ein neues Jahr, immer die Zeit, Dinge zu überdenken, anders oder besser zu machen. Und in Wahrheit doch nur der Start in ein weiteres Jahr, in dem man die ausgetretenen Pfade weiter läuft und die alten Fehler wieder und wieder wiederholt.

Zweitausendundelf – das Jahr nach dem Jahr, in dem wir Kontakt aufnehmen. In dem wir Kontakt aufnahmen? Das Jahr vor dem Jahr, in dem die Welt untergeht? Definitiv keine Jahreszahl, die in einem Filmtitel vorkommt, mit denen Bromford jongliert, ohne die dazugehörigen Filme jemals gesehen zu haben.

Und wie war das mit der Kontaktaufnahme in zweitausendundzehn? Was hat meine Vorstellungsrunde durch die Apartments im Haus Whitaker Lane 666 gebracht? Sind nun alle Bewohner eine große, glückliche Familie? Helfen wir nun einander? Ich denke nicht.

Irgendjemand hatte die Idee, Fotos der Bewohner an die entsprechenden Briefkästen im ersten Stock anzubringen, damit man den Namen auch Gesichter zuordnen könne. War es einer meiner Mitbewohner, oder habe ich diese Idee aus einer Fernsehserie? Ich weiß es nicht, muss es aber vermutlich auch nicht wissen, denn auch diese Idee wurde nicht in die Tat umgesetzt. Auch bekam ich nie eine Einladung zu einer Kennenlernfeier in einem von Hugo Reyes Hühnchen-Schnellimbiss-Restaurants. Ich weiß also nicht, ob sie jemals stattgefunden hat oder noch stattfinden wird. Eines Tages… Vermutlich nicht.

Aber irgendetwas hat stattgefunden. Irgendjemand hat sich getroffen. Einige Apartments sind scheinbar wieder zu haben. Oder stehen vorerst nur leer? Ab wann gehen sie in den Besitz neuer Eigentümer über, wenn die alten Bewohner und Eigentümer mit einem Flugzeug abgestürzt und verschwunden sind?

Frank Lapidus, der Pilot aus Apartment 2, hat tatsächlich seinen Job bei der Fluggesellschaft Oceanic verloren, aber schnell eine neue Anstellung bei einer Airline namens Ajira Airways gefunden. Aber wie das Schicksal, oder welche Kraft auch immer, es so wollte, verschwand Ajira Flug 316, der erste von Frank geleitete nach dem Wechsel seines Arbeitgebers, einige Stunden nach dem Start auf dem Flughafen von Bromford mitten über dem Meer von den Radarschirmen und vermutlich auch vom Himmel.

Und das Eigenartigste daran ist, dass der Flieger viele, viele Bewohner unseres Hauses in der Whitaker Lane 666 in Bromford an Bord hatte. Neben Frank Lapidus als Pilot waren noch die hübsche Schriftstellerin Kathrine Jane Austen, das koreanische Ehepaar Sun-Hwa und Jin-Soo Kwon, diesmal endlich mit ihrer kleinen Tochter Ji Yeon, und die Bewohner der Apartments 4, 8, 15, 16 und 23, Johnathan Locke, Hugo "Hurley" Reyes, James Ford, Sayid Jarrah, der allerdings ohne seine Verlobte Nadia, und der durchgeknallte Ex-Arzt Doktor Jack Shephard mit dabei.

Jack Shephard habe ich kurz vor ihrem Abflug ins Unbekannte und Ungewisse im Fahrstuhl getroffen. Er hatte sich den zotteligen Vollbart abgenommen, strahlte über das ganze Gesicht und wirkte weit weniger verwahrlost und verwirrt als an dem Tag, an dem ich ihn in einem Apartment besucht hatte.

"Wir kehren zurück!" hatte er mir zugeflüstert. "Die Insel ist noch nicht mit uns fertig! Wir haben noch unsere Aufgaben zu erfüllen! Wir hätten niemals gehen dürfen!" Dann hatte er mir eine gerahmte Urkunde überreicht und mir alles Gute und viel Glück für die Zukunft gewünscht, bevor er mit federnden Schritten aus dem Fahrstuhl ausgestiegen war.

Auf der Urkunde in einem goldgeränderten Glasrahmen steht in großen Druckbuchstaben:

"MAN OF SCIENCE BECAME A MAN OF FAITH"

Wieder einmal habe ich keine Ahnung, was das bedeuten soll. Ein Mann der Wissenschaft, der ein Mann des Glaubens wird? Der alte Konflikt zwischen Wissenschaft und Religion, zwischen dem, was man sehen und anfassen, und dem, an das man nur glauben kann? Der Rahmen steht auf meinem Flur unter den Kleiderhaken. Ich bin mir nicht sicher, was ich damit machen soll. Soll ich diese eigenartige Urkunde an die Wand hängen? Soll ich sie aufbewahren, in der Hoffnung, dass Dr. Jack vielleicht eines Tages doch noch hierher zurückkommt?

Ich weiß nicht einmal, wo ich selbst in dieser Frage stehe. Bin ich ein Mann der Wissenschaft oder einer des Glaubens? Glaube ich an das Unsichtbare, für das die Wissenschaft – noch – keine Beweise hat? Oder glaube ich nur an das, was ich sehen und anfassen kann? Zählen für mich nur Fakten und Zahlen?

4, 8, 15, 16, 23… Diese Zahlen jedenfalls scheinen etwas in meinem Inneren zum Klingen und Schwingen zu bringen. 4, 8, 15, 16, 23… Aber irgendwie scheint da noch eine Zahl zu fehlen. Vielleicht ist es die 42, die Antwort auf die große, vergessene Frage nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest?

Wie dem auch sei. So schnell werde ich nicht wieder versuchen Kontakte zu den Bewohnern des Hauses in den Apartments unter mir aufzunehmen. Soll doch dort wohnen, wer auch immer das will oder sich leisten können mag. Ich bin und bleibe hier in meinem Penthouse, dem kleinen, abgeschlossenen und eingeschossigen Haus mit Flachdach auf dem Dach des 15-stöckigen Hauses, das einmal, aber schon lange nicht mehr, das größte der Stadt war. Bromford ist und bleibt Bromford, egal welche Jahreszahl hinter Tag und Monat steht.